Armand Colard hat sich mit ESG Plus dem Ziel verschrieben, den Finanzmarkt nachhaltiger und transparenter zu gestalten. Nach seiner Zeit beim WWF und der Leitung des Sustainable Finance Teams entschloss sich Herr Colard 2015 zur Gründung von ESG Plus. Armand Colard und sein Team bei ESG Plus setzen sich dafür ein, den Finanzmarkt durch präzise Nachhaltigkeitsbewertungen, maßgeschneiderte ESG-Analysen und die Förderung von SDG-Zielen zu transformieren. Seit seiner Gründung bietet ESG Plus nicht nur Privatpersonen, sondern auch institutionellen Anleger:innen Plattformen wie CLEANVEST und CLEANVEST PRO, die nachhaltige und transparente Investmententscheidungen fördern. Im Interview spricht Herr Colard über seine Ziele, die Rolle des Finanzsektors im Klimaschutz und gibt wertvolle Tipps, wie nachhaltige Investments einen positiven Einfluss entfalten können.
EEAktuell: Herr Colard, Sie haben nach Ihrem Studium der Ökologie und Umweltökonomie zunächst im Bereich des Umweltschutzes beim WWF gearbeitet. Was hat Sie während Ihrer Zeit dort dazu inspiriert, die Verbindung zwischen Umwelt und Finanzmarkt zu suchen?
Armand Colard: Meine Zeit beim WWF hat mir gezeigt, wie eng Umwelt- und Finanzfragen miteinander verknüpft sind. Während meiner Arbeit im Umweltschutz habe ich oft gesehen, wie dringend der Finanzsektor als Hebel für den Klimaschutz gebraucht wird. Viele der größten Umweltprobleme, wie der Verlust der Biodiversität oder die Erderhitzung, sind letztlich wirtschaftlich getrieben. Gleichzeitig wurde mir klar, dass nachhaltige Projekte und Lösungen oft an der Finanzierung scheitern oder deutlich langsamer wachsen, weil sie nicht genügend Kapitalzufluss erhalten. Die Brücke zwischen Umwelt und Finanzwelt zu schlagen, erschien mir als eine der wirkungsvollsten Möglichkeiten, meine Kenntnisse im Bereich Ökologie und Umweltökonomie einzusetzen, um Veränderungen im großen Maßstab zu bewirken.
EEAktuell: Nachdem Sie das Sustainable Finance Team beim WWF geleitet haben, haben Sie 2015 ESG Plus gegründet. Können Sie uns etwas über diese Zeit erzählen und was Sie dazu bewegt hat, diesen Schritt in Richtung einer nachhaltigeren Finanzwelt zu gehen?
Armand Colard: Richtig, mit dem klaren Ziel, den Finanzmarkt transparenter und nachhaltiger zu gestalten, habe ich gemeinsam mit meinem Co-Gründer Thomas Ebenstein im Jahr 2015 das Sozialunternehmen ESG Plus gegründet. Wir haben ESG Plus gegründet, um eine Brücke zwischen Umwelt- und Finanzwelt zu bauen und Nachhaltigkeitsdaten für Fonds und ETFs für möglichst viele Menschen zugänglich zu machen.
Der Schritt in die Gründung von ESG Plus war für mich eine Herzensangelegenheit, weil ich davon überzeugt bin, dass wir gemeinsam durch unsere Investitionsentscheidungen viel bewegen können. Wenn wir Finanzströme in nachhaltige Bahnen lenken, profitieren nicht nur wir, sondern auch die Umwelt und kommende Generationen.
EEAktuell: ESG Plus fördert nachhaltige Investments durch detaillierte ESG-Analysen und Plattformen wie CLEANVEST und CLEANVEST PRO. Können Sie erklären, wie diese Tools Anleger:innen helfen, fundierte Entscheidungen im Sinne von Nachhaltigkeit und SDG-Zielen zu treffen?
Armand Colard: Sehr gerne. Wir unterstützen Anleger:innen dabei, nachhaltige und fundierte Entscheidungen treffen zu können, indem wir die Früchte unserer täglichen (Recherche- und Analyse-)Arbeit mit Plattformen wie CLEANVEST und CLEANVEST PRO zur Verfügung stellen.
CLEANVEST.org ist eine kostenlose Plattform für Privatanleger:innen. Sie bietet einen guten ersten Überblick und prüft Fonds und ETFs nach den 10 CLEANVEST-Basiskriterien, etwa ob Unternehmen oder Staaten in schädliche Bereiche wie Kohle oder fossile Energien involviert sind. So können Privatinvestor:innen leicht herausfinden, ob ihre Geldanlagen zu ihren persönlichen Werten passen.
CLEANVEST PRO hingegen richtet sich speziell an professionelle Vermögensberater:innen und weitere Finanzmarktakteur:innen, die sich mit ESG-Investing beschäftigen. Diese Plattform geht deutlich tiefer, mit zusätzlichen 26 Nachhaltigkeits- und Detailkriterien und weiteren Funktionen (umfassende Factsheets, Hochladen von Fondslisten, Filter für EU-Standards wie SFDR und vieles mehr), die in der Beratung genutzt werden können. Damit wird es Vermögensberater:innen möglich, sich ganz auf die individuellen Werte und Wünsche ihrer Kund:innen einzustellen und so ihre Beratung auf ein neues Level zu heben.
Beide Plattformen, CLEANVEST und CLEANVEST PRO, unterstützen also auf unterschiedliche Weise und unterschiedliche Zielgruppen, nachhaltige Investmententscheidungen zu treffen. Wir wollen damit nicht nur für mehr Transparenz am Kapitalmarkt sorgen, sondern so auch das Bewusstsein für Nachhaltigkeit im Finanzbereich fördern.
EEAktuell: Welche bedeutenden Meilensteine hat ESG Plus durch die Bereitstellung individueller ESG-Daten und maßgeschneiderter Analysen erreicht, und wo sehen Sie das Unternehmen in den nächsten Jahren?
Armand Colard: In den letzten Jahren hat ESG Plus einige wichtige Meilensteine erreicht. Seit unserer Gründung haben wir über 200 Projekte erfolgreich umgesetzt. Aktuell werden rund 10 Milliarden Euro an Investments dank unserer ESG- und SDG-Analysen nach nachhaltigen Ansätzen gemanagt. Besonders stolz macht uns der Launch von CLEANVEST.org (2019) und CLEANVEST PRO (2022), die beide als Vergleichsplattformen einen gut verständlichen und günstigen Zugang zu ESG-Daten ermöglichen – im Falle von CLEANVEST.org bieten wir sogar kostenlose ESG-Informationen für Privatpersonen, die sich die sonst sehr teuren ESG-Daten nicht leisten könnten.
Weitere Erfolge waren Kooperationen wie mit dem Konsumentenschutz der Arbeiterkammer Oberösterreich und der ESG Fund Award gemeinsam mit dem Finanzmedium Börsianer Grün. Für die Zukunft wollen wir ESG Plus als führenden Anbieter für ESG-Daten im deutschsprachigen Raum etablieren und unsere Plattformen laufend weiterentwickeln, um die Bedürfnisse der Nutzer:innen noch besser zu erfüllen.
EEAktuell: Ihre Vision für ESG Plus geht über die reine Beratung hinaus. Wie wollen Sie den Finanzmarkt und die Investitionslandschaft nachhaltig verändern, und welche konkreten Schritte unternehmen Sie, um dieses Ziel zu erreichen?
Armand Colard: Wir haben die Mission den Kapitalmarkt insgesamt nachhaltiger und vor allem transparenter zu gestalten. Mit unseren beiden Plattformen CLEANVEST und CLEANVEST PRO haben wir dafür schon einen wichtigen Schritt gesetzt und natürlich wollen wir diese noch in Zukunft ausbauen. Aber auch in unserer täglichen Arbeit wird sich in den nächsten Jahren noch viel tun. Denn nicht nur künstliche Intelligenz ist ein großes Thema, sondern auch die Vereinheitlichung der Berichterstattung durch ESRS und CSRD wird einen großen Einfluss auf unsere Recherche- und Analyse-Tätigkeiten haben. Damit können wir nicht nur effizienter werden, sondern auch die Qualität unserer Nachhaltigkeitsrecherchen laufend auf einen neuen Standard heben.
Unser langfristiges Ziel ist es, die Finanzwelt in Richtung mehr Verantwortung und Nachhaltigkeit zu transformieren. So können wir gemeinsam eine Zukunft gestalten, in der Investments nicht nur finanziellen, sondern auch ökologischen und sozialen Mehrwert schaffen.
EEAktuell: Der ESG-Bereich wird immer wichtiger. Welche ESG-Kriterien sollten Anleger:innen heute besonders beachten, um sowohl ethisch als auch profitabel zu investieren?
Armand Colard: ESG-Investitionen werden immer wichtiger, weil sie eine doppelte Funktion erfüllen: sie bieten eine ethische Orientierung und dienen gleichzeitig als starkes Risikomanagement-Tool. Wer heute auf ESG-Kriterien achtet, kann nicht nur nachhaltige Werte unterstützen, sondern auch langfristig profitabel und resilient investieren.
Denn Investitionen beispielsweise in Unternehmen, die in saubere Energie und ehrgeizige Klimaziele investieren, sind langfristig resilienter und besser auf zukünftige Herausforderungen vorbereitet. Im sozialen Bereich punkten Unternehmen, die faire Arbeitsbedingungen schaffen und Diversität fördern. Denn gerade diese Unternehmen zeigen oft eine hohe Mitarbeiter:innen-Motivation und geringere Fluktuation, was wiederrum die wirtschaftliche Stabilität stärkt. Im Bereich der Unternehmensführung ist Transparenz der Schlüssel. Denn Transparenz in der Governance reduziert das Risiko von Skandalen und fördert stabile Geschäftsmodelle.
Zusammengefasst bieten ESG-Kriterien beim Investieren jedenfalls nicht nur eine ethische Orientierung, sondern auch ein Frühwarnsystem für mögliche Risiken und eine stabile Renditequelle für die Zukunft.
EEAktuell: Wie bewerten Sie die Rolle des Finanzsektors in der Bekämpfung des Klimawandels? Welche Verantwortung tragen Unternehmen und Anleger:innen?
Armand Colard: Alle Akteur:innen des Kapitalmarktes tragen Verantwortung. Ich glaube, der Finanzsektor trägt sogar eine doppelte Verantwortung. Zum einen beeinflussen Kapitalströme maßgeblich, welche Projekte und Unternehmen wachsen und welche nicht – damit kann der Finanzsektor einen großen Beitrag zur Bekämpfung der Klimakrise beitragen. Denn gerade Banken und Finanzinstitute sind es, die die Verantwortung tragen, nachhaltige Projekte zu finanzieren und Umweltkriterien bei Kreditvergaben oder Investmententscheidungen stärker zu gewichten.
Um diesen Weg zu ebnen, braucht es aber auch eine transparente Berichterstattung vonseiten der Unternehmen und eine sorgfältige Auseinandersetzung mit bestehenden Geschäftsmodellen sowie die Offenlegung globaler Lieferketten.
Aber auch uns als private Anleger:innen kommt eine Verantwortung zu und wir können mit unseren Investitionen einen erheblichen Beitrag leisten. Denn indem Kapital in klimafreundliche und sozialverantwortungsvolle Unternehmen investiert wird, üben wir einen, wenn auch oft nur indirekten, Einfluss auf die Unternehmenslandschaft aus.
EEAktuell: Viele unserer Leser:innen interessieren sich dafür, wie sie ihre Investitionen nachhaltiger gestalten können. Haben Sie einen praktischen Tipp, wie man ESG-Kriterien sinnvoll in seine Anlagestrategie integrieren kann?
Armand Colard: Ein guter Einstieg ist, mit kleinen Schritten die eigene Anlagestrategie zu prüfen und gezielt nach ESG-konformen Fonds oder ETFs zu suchen. Ein praktischer Tipp ist die Nutzung von Plattformen wie CLEANVEST, um herauszufinden, wie nachhaltig ein Fonds oder ETF tatsächlich ist. Ein Blick auf die 10 Basis-Kriterien – wie z.B. „Grüne Technologien“, „Frei von Kohle“, „Frei von Waffen“, „Frei von Kinderarbeit“ und mehr – gibt bereits eine solide Orientierung, ob eine Anlage zu den eigenen Werten passt.
Wer gezielt bestimmte Themen fördern möchte, etwa Klimaschutz oder soziale Gerechtigkeit, kann nach Fonds suchen, die diese Bereiche stark gewichten. Wichtig ist auch, regelmäßig zu überprüfen, ob die ausgewählten Investitionen weiterhin den gewünschten ESG-Standards entsprechen. So bleibt die Anlagestrategie langfristig nachhaltig und an den eigenen Zielen ausgerichtet.
EEAktuell: Abschließend: Gibt es eine Kennzahl oder ein Wissen aus Ihrer Arbeit bei ESG Plus, das Ihnen besonders wichtig ist und dass Sie unseren Leser:innen ans Herz legen möchten, um nachhaltigere finanzielle Entscheidungen zu treffen?
Armand Colard: Ein Tipp, den ich immer gerne weitergebe: nicht überall, wo ‚grün‘ draufsteht, ist auch wirklich ‚grün‘ drin. Unsere Untersuchungen zeigen immer wieder, dass Greenwashing leider noch ein großes Problem darstellt – nicht jede Anlage hält, was sie verspricht.
Um sicherzugehen, dass eine Investition wirklich zu den eigenen Nachhaltigkeitsvorstellungen passt, ist es sinnvoll, verschiedene unabhängige Quellen zu nutzen. Man kann sich zum Beispiel an Siegeln wie dem Österreichischen Umweltzeichen (UZ 49) und dem deutschen FNG-Siegel orientieren oder auf Fonds nach Artikel 9 („dunkelgrün“) der EU-Offenlegungsverordnung (SFDR) achten. Plattformen wie CLEANVEST bieten zudem detaillierte Analysen. Auch unabhängige Ratings und Berichte von Drittanbietern liefern wertvolle Einblicke.
Fazit: Nachhaltige Investments mit Perspektive
Das Interview mit Armand Colard gibt praxisnahe Einblicke in die Möglichkeiten und Herausforderungen nachhaltigen Investierens. Mit ESG Plus und den Plattformen CLEANVEST sowie CLEANVEST PRO bietet sein Team Werkzeuge, die sowohl Privatanleger:innen als auch Profis dabei unterstützen, fundierte und transparente Entscheidungen zu treffen.
Besonders interessant sind Armin Colards Einschätzungen zur Rolle des Finanzsektors im Klimaschutz und seine praktischen Tipps, wie Anleger:innen ESG-Kriterien in ihre Strategie integrieren können. Das Gespräch zeigt, dass nachhaltige Investments nicht nur Verantwortung bedeuten, sondern auch als langfristig stabile Anlagestrategie überzeugen können.