Shareholder Activism als nachhaltige Investmentstrategie?

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Was ist Shareholder Activism?

Shareholder Activism bezeichnet das aktive Engagement von Aktionär:innen, um Einfluss auf die Unternehmenspolitik zu nehmen. Dies geschieht in der Regel durch das Einbringen von Anträgen in Hauptversammlungen, direkte Gespräche mit dem Management oder durch öffentliches Druck-Ausüben. Ziel ist es, Unternehmensentscheidungen im Sinne der Aktionär:innen zu beeinflussen und den Unternehmenswert zu steigern.

Shareholder Activism kann auch als nachhaltige Anlagestrategie genutzt werden, um nachhaltige Ziele zu fördern, indem Investierende Druck auf das Unternehmen ausüben, um ökologische, soziale und Governance-Standards (ESG) zu verbessern. Aktivistische Aktionär:innen können so Veränderungen herbeiführen, die langfristig positive Auswirkungen auf Umwelt und Gesellschaft haben. Diese Form des Aktivismus ist ein wirkungsvolles Instrument, um Unternehmen zu einer verantwortungsvolleren Unternehmensführung zu bewegen.

Zwei Personen vergleichen Investment-Entwicklungen auf Papier. (Foto: Kindel Media/Pexels)
Shareholder Activism als nachhaltige Investmentstrategie (Foto: Kindel Media/Pexels)

Funktioniert das?

Ein prominentes Beispiel für erfolgreiches Shareholder Activism ist der Fall von ExxonMobil. Im Jahr 2021 gelang es einem kleinen aktivistischen Hedgefonds namens Engine No. 1, drei Sitze im Vorstand von ExxonMobil zu erobern, einem der größten Ölkonzerne der Welt. 

Engine No. 1 überzeugte andere große Investierende davon, dass ExxonMobil seine Strategie ändern müsse, um stärker auf erneuerbare Energien zu setzen und seine Treibhausgasemissionen deutlich zu reduzieren. Diese Aktion gilt als Meilenstein im Shareholder Activism, da es erstmals gelang, ein Unternehmen dieser Größe durch Aktionärsdruck zu einer signifikanten Neuausrichtung in Richtung Nachhaltigkeit zu bewegen.

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Nachhaltige Anlagen für Rendite und Umwelt

Methoden und Instrumente des Shareholder Activism

Aktivistische Investierende nutzen eine Vielzahl von Methoden, um Einfluss auf Unternehmensentscheidungen zu nehmen und nachhaltige Ziele zu fördern.

Stimmrechtsausübung in Hauptversammlungen

Die Stimmrechtsausübung in Hauptversammlungen ist eine der zentralen Methoden, die Aktionär:innen nutzen, um Einfluss auf die Unternehmenspolitik zu nehmen. Durch ihre Stimmen können sie über wichtige Unternehmensentscheidungen abstimmen, wie die Wahl von Vorstandsmitgliedern oder die Genehmigung von Unternehmensstrategien. Für nachhaltige Investierende ist dies eine Gelegenheit, direkt zu beeinflussen, wie ein Unternehmen in Bezug auf ökologische und soziale Verantwortung handelt. Diese Methode ist besonders effektiv, wenn es darum geht, Themen wie Klimawandel oder faire Arbeitsbedingungen auf die Agenda zu setzen.

Dialoge mit dem Management

Ein Dialog mit dem Management ist eine weitere wichtige Methode des Shareholder Activism. Hierbei suchen Investierende das direkte Gespräch mit der Unternehmensführung, um spezifische Anliegen zu besprechen und Veränderungen anzustoßen. Dieser Ansatz ermöglicht es, auf eine kooperative Weise Einfluss zu nehmen und nachhaltige Ziele zu fördern. Im Gegensatz zur Stimmrechtsausübung, die oft öffentlich und formalisiert ist, kann der Dialog hinter den Kulissen stattfinden und zu kontinuierlichen Verbesserungen in der Unternehmenspolitik führen.

Einbringung von Aktionärsanträgen

Die Einbringung von Aktionärsanträgen ist ein weiteres mächtiges Instrument, mit dem Investierende spezifische Maßnahmen von einem Unternehmen fordern können. Diese Anträge können sich auf verschiedene Themen beziehen, wie die Einführung strengerer Umweltauflagen, die Verbesserung der Unternehmensführung oder die Berücksichtigung sozialer Kriterien. Obwohl solche Anträge nicht immer angenommen werden, können sie den öffentlichen Druck auf das Unternehmen erhöhen und wichtige Diskussionen anstoßen.

Proxy Voting

Proxy Voting ermöglicht es Aktionär:innen, ihre Stimmrechte durch eine Vertretung ausüben zu lassen, oft im Rahmen von Investmentfonds, die sich auf nachhaltige Anlagen spezialisiert haben. Diese Methode ist besonders nützlich für kleinere Aktionär:innen, die ihre Stimmen bündeln und so mehr Einfluss auf Unternehmensentscheidungen gewinnen können. Proxy Voting ist ein wichtiger Mechanismus, um sicherzustellen, dass die Stimmen der Investierenden, auch wenn sie nicht direkt anwesend sind, in der Unternehmenspolitik berücksichtigt werden.

Welche weiteren nachhaltigen Investmentstrategien gibt es?

Nachhaltiges Investieren gewinnt zunehmend an Bedeutung, da immer mehr Anleger:innen nicht nur finanzielle Renditen, sondern auch positive ökologische und soziale Auswirkungen anstreben. Neben Thematic Investing gibt es eine Vielzahl weiterer nachhaltiger Investmentansätze, die es ermöglichen, Kapital gezielt in Unternehmen und Projekte zu lenken, die zur Lösung globaler Herausforderungen beitragen.

Fazit

Shareholder Activism ist ein wirksames Instrument, um durch direkten Einfluss auf Unternehmensentscheidungen nachhaltige Veränderungen in den Bereichen Umwelt, Soziales und Unternehmensführung (ESG) zu fördern. Aktivistische Investierende nutzen Methoden wie Stimmrechtsausübung und Aktionärsanträge, um Unternehmen zu verantwortungsbewussterem Handeln zu bewegen. Dies ermöglicht es, finanzielle Ziele mit gesellschaftlicher Verantwortung zu verbinden.

Häufig gestellte Fragen​

Shareholder Activism unterscheidet sich von anderen nachhaltigen Investmentstrategien, indem aktivistische Investor:innen direkt Einfluss auf die Unternehmensführung nehmen, um konkrete Veränderungen in der Corporate Governance und der Geschäftspraxis zu bewirken. Während andere Ansätze wie ESG-Investitionen oft passiver Natur sind, geht es beim Shareholder Activism darum, aktiv auf Hauptversammlungen abzustimmen oder Dialoge mit der Geschäftsleitung zu führen. Diese direkte Einflussnahme kann zu einer besseren Performance im Sinne von Nachhaltigkeit und Shareholder Value führen, wobei rechtliche und kapitalmarktrechtliche Aspekte, wie sie z.B. im Nomos Gabler Wirtschaftsrecht beschrieben werden, eine Rolle spielen.

Aktivistische Aktionäre haben in den letzten Jahren zunehmende Erfolge erzielt, indem sie Unternehmen zu nachhaltigerem Handeln gedrängt haben. Ein prominentes Beispiel ist der Einfluss von Hedge Funds wie Engine No. 1 auf ExxonMobil, wo es 2022 gelang, das Unternehmen zu signifikanten Umweltverpflichtungen zu bewegen. Auch in Deutschland hat der aktivistische Druck, z.B. im Fall von Stada, zu einer Neuausrichtung geführt, die Nachhaltigkeitskriterien stärker berücksichtigt. Diese Erfolge zeigen, dass Shareholder Activism ein wirksames Mittel sein kann, um nachhaltige Veränderungen in börsennotierten Unternehmen zu erreichen.

Shareholder Activism birgt sowohl Chancen als auch Risiken für Investierende. Ein wesentliches Risiko besteht darin, dass der aktivistische Druck auf die Unternehmensführung zu kurzsichtigen Entscheidungen führen kann, die den langfristigen Erfolg des Unternehmens gefährden. Zudem kann es zu rechtlichen Auseinandersetzungen kommen, insbesondere wenn die Forderungen der aktivistischen Aktionär:innen im Widerspruch zu den Plänen der Geschäftsleitung stehen. Darüber hinaus ist der Erfolg nicht immer garantiert, und es gibt Fälle, in denen der Markt negativ auf solche Eingriffe reagiert, was die Performance der Aktie beeinträchtigen kann.

Auch kleinere Aktionäre können durch Methoden wie Proxy Voting und die Bündelung ihrer Stimmen Einfluss auf Unternehmensentscheidungen nehmen. In vielen Fällen schließen sie sich größeren aktivistischen Funds an oder nutzen Plattformen, die ihnen ermöglichen, gemeinsam mit anderen Investierenden abgestimmte Anträge einzubringen. So können sie trotz ihres geringen Kapitalanteils eine bedeutende Rolle in der Corporate Governance spielen und zur Umsetzung nachhaltiger Ziele beitragen. Diese Form von Active Ownership zeigt, dass nicht nur große Hedge Funds, sondern auch kleinere Investierende Einfluss auf börsennotierte Unternehmen ausüben können.

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