Auch kleine Städte bewegen etwas: Kommunen als Motor der Energiewende

Drei weiße Windräder stehen auf einem grünen Hügel mit einigen Gebäuden und symbolisieren die Energiewende unter einem blauen Himmel mit leichten Wolken und fernen Bergen im Hintergrund.
Wenn von der Energiewende die Rede ist, denken viele Menschen zuerst an Offshore-Windparks oder riesige Solarfelder. Allerdings spielt sich ein erheblicher Teil der Transformation dort ab, wo es vielleicht am wenigsten erwartet würde. Die Rede ist von kleineren Städten und Gemeinden. An diesen Orten entstehen immer häufiger Lösungen, die besonders nah am Alltag der Menschen sind und die Energiewende vor Ort sichtbar machen. Großprojekte bleiben noch immer häufig in endlosen Verfahren stecken. Die Kommunen vor Ort handeln dagegen meist wesentlich pragmatischer. Sie nutzen ihre Flächen mit Sinn und Verstand, binden die Bürger:innen ein und setzen ihre eigenen Prioritäten. In der Summe entfalten diese vielen kleineren Schritte dann eine ähnliche Wirkung wie die großen Vorhaben. Der folgende Artikel stellt eindrucksvolle Beispiele vor.
  • Kleine Städte setzen verstärkt auf lokale Energielösungen wie Solar-, Wind- und Wärmenetze
  • Beispiele aus Haßfurt, Feldheim und Rottweil zeigen, wie kommunale Eigeninitiative zu technischer Innovation und Energieautarkie führen kann.
  • Kommunen profitieren von Eigenanlagen, ausgebauten Speichern, Bürgerenergieprojekten und ganzheitlicher Wärmeplanung.
  • Herausforderungen bestehen in bürokratischen Verfahren, Fachkräftemangel, finanziellen Vorleistungen und Netzanschlussproblemen.

Inhaltsverzeichnis

Diese wichtige Rolle kommt den Kommunen zu

Städte und Gemeinden besitzen Verwaltungsgebäude, Schulen, Kläranlagen oder Sporthallen. Dies alles sind Flächen, die ideal für die Gewinnung von Solarenergie geeignet sind. Sie betreiben Netze, vergeben Genehmigungen und sind über ihre Stadtwerke häufig auch selbst im Energiemarkt aktiv.

Die Stadtwerkestudie 2025 von EY und dem BDEW zeigt, wie groß die Verantwortung vor Ort ist. Viele Versorger nennen jedoch den zunehmenden Fachkräftemangel und die komplexen bürokratischen Vorgaben als große Hindernisse. 

Zur gleichen Zeit wird deutlich: Wer lokal investiert, stärkt nicht nur die eigene Versorgung, sondern auch die regionale Wirtschaft. Für kleinere Städte heißt das vor allem, dass sie pragmatisch bleiben müssen, Chancen nutzen sollten und die eigene Rolle aktiv ausfüllen müssen.

Drei kleine Orte, die energietechnisch vorangehen

Haßfurt in Unterfranken

Das Stadtwerk Haßfurt setzt auf einen Mix aus Windkraft, Photovoltaik, Biogas und Kraft-Wärme-Kopplung. Entstehende Überschüsse werden in einem Elektrolyseur zu grünem Wasserstoff verarbeitet, der ins Gasnetz fließt. 

Ergänzt wird das Konzept durch ein intelligentes Netz, das die Stromerzeugung, den Speicher und den Verbrauch digital koordiniert. Damit findet sich in Haßfurt ein Modell, das zeigt, wie selbst eine kleine Kommune technische Innovationen praktisch umsetzen können.

Der Ortsteil Feldheim von Treuenbrietzen ist für seine Eigenständigkeit längst über seine Ortsgrenzen hinaus bekannt. 

Windräder, Solarmodule, Biogasanlage, Nahwärmenetz und Batteriespeicher sichern die komplette Versorgung der wenigen Hundert Einwohner:innen. Das Dorf ist damit nicht nur unabhängig, sondern auch ein eindrucksvolles Beispiel dafür, dass ländliche Räume heute durchaus in der Lage sind, sich selbst zu versorgen.

Die ENRW Energieversorgung Rottweil kombiniert die Installation von Photovoltaikanlagen auf kommunalen Dächern mit Beteiligungen an Windkraftprojekten

Hinzu kommt ein Nahwärmenetz, das große Teile der Stadt versorgt. In der Kläranlage entstehen außerdem Strom und Wärme aus Klärgas, die teilweise direkt vor Ort genutzt werden. Der Ort schafft damit einen Energiemix, der Vielfalt und Stabilität miteinander in Einklang bringt.

Eine kurvenreiche Landstraße schlängelt sich durch eine üppig grüne Landschaft mit verstreuten Häusern, Bauernhöfen, Feldern und Bäumen, alles vor dem Hintergrund bewaldeter Hügel - und spiegelt den Geist der Energiewende in dem friedlichen Dorf mit seiner malerischen Kirche im Vordergrund wider.
Immer mehr Dächer der Gemeinden werden für Photovoltaikanlagen genutzt. (Fotograf: Natascha, Fenz; sharerenewables.eu/clone-de)

Die wichtigsten Ansatzpunkte für kleine Städte

Eigene Anlagen aufbauen

Durch Solar- oder Windprojekte, die auf kommunalen Flächen installiert werden, ist ein direkter Einstieg möglich. Idealerweise wird der so erzeugte Strom dann auch möglichst direkt vor Ort genutzt. 

Besonders interessant zeigen sich dafür die Dächer öffentlicher Gebäude. Kommunen können sie selbst mit Solarmodulen ausstatten oder auch die Vermietung von Dachflächen in Betracht ziehen, um so Investoren oder Bürgerenergiegesellschaften einzubinden.

Speicher und Netze aufrüsten

Erneuerbare Energie schwankt − daran lässt sich erst einmal nichts ändern. Moderne Speicher schaffen jedoch den nötigen Ausgleich. Kommunen, die Batteriespeicher einsetzen oder den Verbrauch und die Erzeugung mit Hilfe von innovativen digitalen Systemen steuern, gestalten ihre Netze robuster.

Bürgerinnen und Bürger beteiligen

Wenn Menschen Anteile zeichnen oder selbst die Möglichkeit bekommen, zu investieren, steigt die Akzeptanz. Energiegenossenschaften sind beispielsweise ein Weg, der Engagement und Nutzen verbindet. Durch entsprechende Informationsveranstaltungen und eine transparente Planung lässt sich das Vertrauen zusätzlich erhöhen.

Die Wärmewende nicht vergessen

Der größte Teil des Energieverbrauchs entfällt auf den Bereich Wärme. Praktikable Optionen stellen in diesem Zusammenhang Nahwärmenetze dar, ebenso wie der Einsatz von Wärmepumpen oder die Nutzung von Abwärme aus Industrie und Kläranlagen. 

Laut aktuellen Erhebungen haben jedoch weniger als die Hälfte der Kommunen bereits einen entsprechenden Wärmeplan erstellt. An diesem Punkt besteht also noch Nachholbedarf.

Finanzierung mit Krediten, Fördermitteln und Bürgerbeteiligungen

Viele zukunftsfähige Projekte kleiner Kommunen und Städte scheitern allerdings gar nicht an einem Mangel an Ideen. Das Problem stellen vor allem die Budgets dar. Erfolgreich sind daher heute die Kommunen, die Fördermittel, Kredite und Bürgerbeteiligungen intelligent miteinander kombinieren. Sie sind dadurch in der Lage, finanzielle Risiken abzufedern und die geplanten Projekte schneller auf den Weg zu bringen.

Kläranlage einer Gemeinde
Das Klärgas der Kläranlagen kann für Strom und Wärme im Nahwärmenetz genutzt werden.

Im Alltag zeigen sich immer wieder Hürden

Die bürokratischen Verfahren, die mit den Vorhaben verbunden sind, ziehen sich nicht selten über Jahre. Durch die nötigen Genehmigungen, Gutachten und Einsprüche von Bürger:innen verzögern sich zahlreiche Vorhaben erheblich.

Darüber hinaus betrifft der Fachkräftemangel nicht nur Unternehmen. Auch die Verwaltungen spüren ihn deutlich. Sowohl technisches als auch planerisches Personal ist knapp, gerade in kleinen Städten. Hinzu kommt noch die rechtliche Unsicherheit. Wenn Förderprogramme oder Vorgaben sich kurzfristig ändern, verlieren viele Investitionen ihre ursprüngliche Basis.

Eine weitere Hürde besteht in den finanziellen Vorleistungen. Die Kommunen müssen die Projekte in der Regel bereits anschieben, bevor ihre Erträge sichtbar werden. Und schließlich sind da noch die Netze: In ländlichen Regionen sind Anschlüsse an das bestehende Netz vielerorts schwierig oder teuer.

Was die Entscheidungsträger tun können

Die Entscheidungsträger können jedoch selbst einiges tun, um den Erfolg der Projekte zu unterstützen. Sinnvoll ist es, dafür in verschiedenen Schritten vorzugehen: 

  1. Bestandsaufnahme: die Energiepotenziale erfassen, von Dachflächen bis hin zu den Abwärmequellen.
  2. Prioritäten festlegen: Mit realistischen Etappenplänen arbeiten.
  3. Kooperationen nutzen: Mit Nachbarn, Hochschulen oder Initiativen zusammenarbeiten.
  4. Beteiligung fördern: Die Bürger:innen früh einbinden, um eventuelle Widerstände von vornherein zu vermeiden.
  5. Fördermittel gezielt einsetzen: Angebote prüfen und passend kombinieren.
  6. Fortschritte offenlegen: Ergebnisse messen und kommunizieren, damit Vertrauen entstehen kann.

Klimaneutrale Zukunft hängt auch von den Kommunen ab

Die Beispiele Haßfurt, Feldheim oder Rottweil zeigen, dass kleinere Städte die Energiewende heute nicht nur begleiten, sondern sie auch aktiv gestalten können. Sie setzen dafür auf technische Vielfalt und nutzen ihre regionalen Stärken. So ist es ihnen möglich, die Menschen vor Ort mit ins Boot zu holen. 

Dennoch sind die Probleme bekannt. Es fehlt an Personal, die Verfahren gestalten sich zu komplex und es tauchen immer wieder Lücken in der Finanzierung auf. Es konnten trotzdem bereits zahlreiche Kommunen beweisen, dass sich Fortschritte erzielen lassen, wenn entschlossen vorgegangen wird. 

Die Energiewende entscheidet sich nicht allein in großen Projekten. Auch die vielen kleinen Schritte vor Ort machen schon heute einen Unterschied. Jede Stadt, die ihre Möglichkeiten ausschöpft, macht das Ziel einer klimaneutralen Zukunft damit greifbarer.

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