Bioenergie aus der Gartenküche

Wie Sven Brose mit Mini-Biogasanlagen Haushalte unabhängiger machen will

15. 06. 2025

Dr. Sven Brose

  • Gründer renergize

Sven Brose ist Unternehmer mit einem Hintergrund in Kommunikation, Technologie und strategischer Entwicklung – und einer klaren Mission: nachhaltige Innovation praktisch umsetzen. Mit seinem Unternehmen renergize bringt er Biogasanlagen wie die kompakten Systeme von HomeBiogas nach Deutschland. Diese wandeln organische Abfälle in saubere Energie und natürlichen Dünger – dezentral, effizient und umweltfreundlich.

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Küchenabfälle in Energie verwandeln – was nach Zukunftsmusik klingt, ist für Dr. Sven Brose längst Realität. Mit seinem Unternehmen renergize.life bringt er Mini-Biogasanlagen in deutsche Gärten und zeigt, wie klimafreundliche Energieerzeugung auch im Kleinen funktionieren kann. Im Interview sprechen wir mit ihm über seinen Weg zur Idee, die Einsatzmöglichkeiten der Anlagen, ihre Leistung bei hiesigem Klima und darüber, wie jede:r ein Stück Energieunabhängigkeit in den Alltag holen kann.

EEAktuell: Herr Dr. Brose, wie sind Sie auf die Idee gekommen, Mini-Biogasanlagen für Privathaushalte anzubieten? Gab es einen konkreten Auslöser oder Aha-Moment?

Dr. Sven Brose: Tatsächlich gab es den. Ich habe 2017 mein Haus komplett nach KFW Standard saniert und mich in dem Zusammenhang auch intensiv mit Fragestellungen der nachhaltigen Energieversorgung beschäftigt. Dabei bin ich auf LinkedIn auf einen Post gestoßen, der eine Mini-Biogasanlage vorgestellt hat. Ich war begeistert und wollte diese Anlage auch unbedingt für meinen Garten haben. Das war dann auch der Punkt für mich zu sagen: Das brauchen wir in diesem Land!

EEAktuell: Das heißt Sie haben selbst eine Mini-Biogasanlage im eigenen Garten im Einsatz? Wie sieht das im Alltag aus – was kommt rein, was kommt raus?

Dr. Sven Brose: Tatsächlich habe ich die, ja. 2017 war ich noch so mit meinem Haus beschäftigt, dass ich andere Prioritäten hatte. 2023 war es dann aber soweit und ich habe mir die HomeBiogas 4 bestellt – also das mittlere System. Ich bin nach dem Aufbau in den Urlaub gefahren und plötzlich rief mich mein Nachbar an und sagte: “Deine Anlage ist ganz groß geworden.” Er hat dann per Videoanruf die Anlage erstmals genutzt und während ich im Urlaub saß hat er in meinem Garten mit Biogas Garnelen gegrillt. Seitdem ist die Anlage dauerhaft in Betrieb.

In die Anlage kommt Tiermist, Küchenabfälle oder auch Essensreste. Die Anlage verträgt davon ca 8l pro Tag an Volumen – das ist ungefähr ein Eimer voll. Das Ganze wird dann mit der gleichen Menge an Wasser gemischt. Das Ergebnis ist dann zum einen Biogas, das dann zum Kochen verwendet werden kann – bis zu 4h sind hier möglich pro Tag. Zum anderen entsteht Flüssigdünger, auch Gärschlamm genannt, der reich an Nährstoffen ist und sich hervorragend zum Düngen eignet – ca 16l.

EEAktuell: Viele denken bei Biogasanlagen an große Agrarbetriebe. Was unterscheidet Ihre Mini-Anlagen von den klassischen industriellen Lösungen – sowohl technisch als auch in der Handhabung?

Dr. Sven Brose: Erst einmal passiert vom Prozess her in den kleinen Anlagen nichts anderes als in den großen Anlagen. Es handelt sich auch hier um einen Biokonverter, aber eben im kleinen Stil. Die Mini-Biogasanlagen sind deutlich platzsparender und kommen auch ohne weitere Technik aus – sie sind sozusagen im Betrieb autark. Sie sind sehr leicht zu befüllen und benötigen nahezu keine Wartung. Viele große Anlagen sind auch auf konstante Leistung ausgerichtet. Die Mini-Biogas-Anlagen müssen aber beispielsweise kein Fernwärmenetz versorgen, sondern produzieren ausschließlich zum Eigenverbrauch. Man muss sie daher auch nicht konstant befüllen. Die großen Anlagen haben eine thermische Unterstützung, damit sind sie ganzjährig nutzbar. Meist werden sie mit Tiermist von Kühen und auch mit Mais befüllt, weil sie besonders energiereiche Inhaltsstoffe sind. Der Mais wird dafür sogar eigens angebaut.

EEAktuell: Ein wichtiger Punkt für viele Interessierte: Wie gut funktioniert eine Mini-Biogasanlage eigentlich unter deutschen Klimabedingungen, besonders im Winter? Gibt es Einschränkungen oder clevere Lösungen?

Dr. Sven Brose: Ein sehr wichtiger Punkt. Temperaturen sind entscheidend für die Funktion von Biogas-Anlagen. Bei Großanlagen wird eine konstante Temperatur durch entsprechende Wärmezufuhr sichergestellt. Das ist bei den Mini-Biogas-Anlagen nicht der Fall. Die Anlagen funktionieren daher bei den deutschen Klimabedingungen vor allem zwischen März und Oktober sehr gut und lieben sonnige Plätze. Aber es gibt inzwischen clevere Lösungen, wie den Booster Kit zur HomeBiogas 2, der auch in deutschen Wintern den Anlagenbetrieb ermöglicht.

EEAktuell: Wofür lässt sich das erzeugte Biogas konkret im Haushalt nutzen? Kann man damit wirklich kochen, heizen oder Strom erzeugen – oder wo liegen die aktuellen Grenzen?

Dr. Sven Brose: Biogas ist vielfältig einsetzbar. Der wirtschaftlichste Einsatz ist, das Gas direkt zum Kochen zu verwenden. Hierzu wird die Anlage einfach an einen Gaskocher angeschlossen. Die Eigenschaften sind hervorragend. Ich habe mit vielen Köchen gesprochen. Alle bevorzugen Gas zum Kochen. Das Kochen mit Biogas bringt denselben Komfort mit, wie herkömmliches Gas. Aber auch Warmwasseraufbereitung ist inzwischen möglich, ebenso gibt es die Möglichkeit, mit dem Biogas Strom zu erzeugen – dabei kommt es aber zu Leistungsverlusten.

EEAktuell: Wie sieht die rechtliche Lage in Deutschland aus – darf man eine solche Anlage einfach im Garten aufstellen, oder gibt es bürokratische Hürden, die man kennen sollte?

Dr. Sven Brose: Grundsätzlich gibt es für den Betrieb der Anlagen keine großen Hürden und wo kein Kläger, dort kein Richter, aber Ich würde aber immer empfehlen, die folgende Checkliste durchzuarbeiten.

Checkliste: Mini-Biogasanlage im Garten betreiben

1. Bau- und Planungsrecht
Bauamt kontaktiert?
→ Zuständige Bauaufsichtsbehörde fragen, ob die Anlage genehmigungsfrei ist.
Bebauungsplan geprüft?
→ Gilt z. B. Baulinie, Baugrenze, Art der Nutzung (z. B. nur Gartenhaus erlaubt)?
Standort außerhalb von Schutzgebieten?
→ Wasserschutz-, Naturschutz- oder Überschwemmungsgebiet ausschließen.

2. Immissionsschutz / Sicherheit
Mindestabstände zu Nachbargrundstücken eingehalten?
→ Faustregel: mind. 3 m Abstand zur Grundstücksgrenze.
Geruchsbelästigung ausgeschlossen?
→ Nur geeignete Substrate verwenden, regelmäßig reinigen, Deckel immer schließen.
Gasbehälter sicher gelagert?
→ Keine offenen Flammen in der Nähe, Sicherheitsventile intakt, LPG-Schlauch regelmäßig prüfen.

3. Substrate & Gärreste (Abfallrecht / Düngung)
Nur legal zulässige Substrate verwendet?
→ Kein Fleisch/Fett von Speiseresten ohne Hygienisierung, keine gewerblichen Bioabfälle ohne Genehmigung.
Gärrest legal verwendet?
→ Nur auf eigenem Grundstück, nur wenn keine tierischen Abfälle vergoren wurden (sonst ggf. Entsorgung über Abfallwirtschaft).

4. Energieverwendung
Nur Eigenverbrauch geplant?
→ z. B. Kochen mit Gaskocher – keine Netz-Einspeisung → keine EEG-Meldepflicht.
Bei Einspeisung:
→ MaStR-Registrierung bei der Bundesnetzagentur notwendig.

5. Versicherung & Haftung
Privathaftpflicht geprüft?
→ Abdeckung von Schäden durch Gasanlagen explizit klären.
Optional: Extra Versicherung abgeschlossen?
→ Bei größerem Risiko (z. B. gewerblicher Nutzung) Betriebshaftpflicht in Betracht ziehen.

6. Nachbarn & Kommunikation
Nachbarn informiert?
→ Transparenz schafft Vertrauen – besonders in dicht bebauten Gebieten.
Bei Konflikten gesprächsbereit?
→ Frühzeitig auf Beschwerden reagieren, ggf. Standort anpassen oder optimieren.

EEAktuell: Zum Abschluss: Welchen Rat würden Sie Menschen geben, die Lust auf mehr Energieautarkie haben, aber nicht wissen, wo sie anfangen sollen – und vielleicht noch skeptisch sind, ob eine Mini-Biogasanlage wirklich zu ihnen passt?

Dr. Sven Brose: Meine Empfehlung lautet immer: Starte mit einer PV-Anlage. Anschließend ist die Biogasanlage ganz sicher die Möglichkeit, noch weiter unabhängig zu werden. Wer 2-3qm Platz im Garten hat, für den ist die Anlage sofort die richtige Wahl, weil sie sofort einen der größten Energieverbraucher ersetzen kann – den Herd. Mit den Energiekosten schwinden dann im Übrigen auch die Kosten für die Biotonne.

Fazit

Mini-Biogasanlagen sind längst keine Spielerei mehr, sondern können eine sinnvolle Ergänzung im privaten Energiemix sein – insbesondere für Menschen mit Garten, die Küchenabfälle sinnvoll verwerten und sich unabhängiger von fossiler Energie machen wollen. Dr. Sven Brose zeigt, dass Biogas auch im Kleinen praktikabel ist: Die Anlagen sind einfach zu bedienen, wartungsarm und liefern neben Kochgas auch hochwertigen Flüssigdünger. Zwar gibt es Einschränkungen im Winter, doch mit technischen Erweiterungen lassen sich viele Herausforderungen lösen. Wer bereits über eine PV-Anlage verfügt, kann mit einer Mini-Biogasanlage einen weiteren Schritt Richtung Eigenversorgung gehen und dabei gleich noch Müllgebühren sparen.