Die Europäische Union hat mit der EU Taxonomie Verordnung ein wegweisendes Regelwerk geschaffen, das europaweit definiert, welche Wirtschaftstätigkeiten als ökologisch nachhaltig gelten. Die Verordnung ist ein zentraler Baustein des European Green Deals und soll entscheidend dazu beitragen, die ehrgeizigen Klimaziele der EU bis 2050 zu erreichen.
Inhalt des Artikels
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Das Wichtigste in Kürze
- Die EU Taxonomie klassifiziert seit 2022 nachhaltige Wirtschaftstätigkeiten nach sechs klaren Umweltzielen
- Unternehmen müssen seit 2024 transparenter über ihre nachhaltigen Aktivitäten berichten
- Private Anleger:innen können dadurch echte nachhaltige Investments leichter von Greenwashing unterscheiden
- Die Verordnung wirkt als Katalysator für Kapitalflüsse in klimafreundliche Technologien und Unternehmen
Warum ist die EU Taxonomie wichtig?
Die EU Taxonomie Verordnung schafft ein wissenschaftlich fundiertes, europaweit einheitliches System zur Bewertung nachhaltiger Wirtschaftstätigkeiten. Sie bringt Klarheit in den unübersichtlichen Markt nachhaltiger Finanzprodukte und schützt Anleger:innen vor irreführendem Greenwashing. Durch die verbindlichen Berichtspflichten werden Unternehmen dazu motiviert, ihre Geschäftstätigkeiten nachhaltiger zu gestalten.
Damit leistet sie einen großen Beitrag zur Erreichung der Klimaziele, da sie gleich auf mehreren Ebenen wirkt. Neben unternehmerischen Wirtschaftsaktivitäten wird auch der Bereich des Sustainable Finance durch Regulation geschärft und durch die Berichtspflicht transparenter.
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Definition: Was ist die EU Taxonomie?
Die EU Taxonomie ist ein Klassifikationssystem der Europäischen Union, das verbindlich definiert, welche Wirtschaftstätigkeiten als ökologisch nachhaltig gelten. Die EU-Taxonomie-Verordnung bildet den Klassifizierungsrahmen für nachhaltige Wirtschaftstätigkeiten mit begleitenden Offenlegungspflichten. Sie fungiert als „grüne Liste“ für Unternehmen und Investor:innen und schafft erstmals eine gemeinsame europäische Sprache für nachhaltige Investitionen. Das Regelwerk ist Teil des European Green Deals und soll bis 2050 zur Klimaneutralität der EU beitragen.

Wie ist die EU Taxonomie aufgebaut?
Die EU Taxonomie ist eine umfassende Richtlinie, die sich nach verschiedenen Aspekten klassifiziert und definiert. Neben ihren 6 Zielen, sind dabei vor allem die Unterscheidung zwischen taxonomiefähigen und taxonomiekonformen Tätigkeiten von großer Bedeutung.
Grundlegende Klassifizierung von Wirtschaftstätigkeiten
Die EU Taxonomie arbeitet mit einer zweistufigen Klassifizierung, die zwischen Nachhaltigkeitsgraden unterscheidet:
Taxonomiefähige Wirtschaftstätigkeiten:
- Aktivitäten, die im offiziellen Kriterienkatalog der EU-Taxonomie aufgeführt sind
- Beziehen sich auf die sechs definierten EU-Umweltziele
- Stellen die erste Stufe der Nachhaltigkeitsbewertung dar
- Bedeuten noch nicht automatisch, dass die Aktivität nachhaltig ist
Taxonomiekonforme Wirtschaftstätigkeiten:
- Erfüllen alle vier Prüfkriterien der EU Taxonomie vollständig
- Leisten einen wesentlichen Beitrag zu mindestens einem Umweltziel
- Folgen dem „Do No Significant Harm“-Prinzip (DNSH)
- Gelten als tatsächlich nachhaltig im Sinne der Verordnung
Die vier zentralen Prüfkriterien
Um als taxonomiekonforme (und damit nachhaltige) Wirtschaftstätigkeit eingestuft werden zu können, müssen die vier Kriterien erfüllt sein:
- Wesentlicher Beitrag (Substantial Contribution): Konkreter positiver Beitrag zu mindestens einem der sechs Umweltziele, auf Grundlage messbarer und quantifizierter Daten
- Do No Significant Harm (DNSH): Keine erhebliche Beeinträchtigung der anderen fünf Umweltziele, sowie Ausschluss von Zielkonflikten zwischen verschiedenen Nachhaltigkeitsaspekten
- Soziale Mindestschutzstandards: Einhaltung internationaler Arbeits- und Menschenrechtsstandards und Berücksichtigung der OECD-Leitsätze für multinationale Unternehmen
- Technische Bewertungskriterien: Erfüllung der spezifischen, detaillierten Vorgaben für jeden Wirtschaftsbereich

Ziele der EU Taxonomie
Die 6 Umweltziele
Die EU Taxonomie orientiert sich an sechs wissenschaftlich fundierten Umweltzielen:
- Klimaschutz: Reduktion von Treibhausgasemissionen, Förderung erneuerbarer Energien
- Anpassung an den Klimawandel: Maßnahmen zur Klimaresilienz, Schutz vor klimabedingten Risiken
- Nachhaltige Nutzung von Wasserressourcen: Wasserschutz und -effizienz, Schutz von Meeresressourcen
- Wandel zu einer Kreislaufwirtschaft: Abfallvermeidung und Recycling, Ressourceneffizienz
- Vermeidung von Verschmutzung: Reduktion von Luft-, Wasser- und Bodenverschmutzung, Schutz vor gefährlichen Chemikalien
- Schutz von Ökosystemen und Biodiversität: Erhaltung natürlicher Lebensräume, Förderung der Artenvielfalt
Die 3 Wirkungsbereiche
Diese 6 Umweltziele sollen folgend auf die 3 Wirkungsbereiche der EU Taxonomie einzahlen:
1. Kapitalumlenkung in nachhaltige Projekte
- Mobilisierung privater Investitionen für den Green Deal
- Verstärkte Finanzierung klimafreundlicher Technologien
2. Transparenz und Vergleichbarkeit schaffen
- Einheitliche europäische Standards für Nachhaltigkeitsbewertungen
- Verbesserte Grundlage für Anlageentscheidungen
- Standardisierte Berichtspflichten für Unternehmen
3. Greenwashing-Prävention
- Wissenschaftlich fundierte Kriterien statt Marketing-Versprechen
- Schutz von Anleger:innen vor irreführenden Nachhaltigkeitsangaben
- Erhöhung der Glaubwürdigkeit nachhaltiger Finanzprodukte

Wichtige Eckdaten
Die Verordnung trat im Juli 2020 in Kraft und ist seit Januar 2022 anzuwenden. Die Implementierung erfolgt schrittweise: Seit 2022 gelten die ersten beiden Klimaziele, seit 2024 sind alle sechs Umweltziele verpflichtend anzuwenden.
Große kapitalmarktorientierte Unternehmen mit mehr als 500 Arbeitnehmenden, die keine Finanzunternehmen sind, müssen seit 1. Januar 2022 in ihrer nichtfinanziellen Erklärung den Anteil an den Kennzahlen Umsatzerlöse, Investitionsausgaben und Betriebsausgaben angeben. Seit 2025 erweitert sich der Kreis durch die Corporate Sustainability Reporting Directive (CSRD) erheblich.
Die Taxonomie schreibt verbindliche Berichtspflichten für bestimmte Unternehmen vor. Darüber hinaus können Unternehmen jeder Größe die EU Taxonomie auf freiwilliger Basis nutzen, um Investoren und Stakeholdern zu zeigen, ob sie nachhaltige Aktivitäten durchführen oder planen.
Bei Verstößen gegen die Berichtspflichten drohen Bußgelder und Sanktionen durch nationale Aufsichtsbehörden. Die konkreten Strafmaße variieren je nach Mitgliedstaat. Zusätzlich können Reputationsschäden und Ausschlüsse von nachhaltigen Finanzprodukten die Folge sein.
Welche Bedeutung hat die EU Taxonomie für nachhaltiges Investieren?
Die EU Taxonomie beeinflusst nachhaltiges Investieren erheblich durch eine gesteigerte Transparenz und Vergleichbarkeit. Anleger:innen sollen die Taxonomie konformen Prozentangaben in Zukunft gewissermaßen wie eine Nachhaltigkeitsquote nutzen können. Dabei zeigt ein hoher Prozentsatz an, dass ein Unternehmen (sehr) nachhaltig ist. Finanzberater:innen sind seit August 2022 verpflichtet, Kund:innen zu ihren Nachhaltigkeitspräferenzen zu befragen und entsprechende Produkte anzubieten.
Die Taxonomie-Kennzahlen werden dabei zu einem zentralen Bewertungskriterium. Für Anleger:innen bedeutet dies deutlich bessere Orientierung im Markt nachhaltiger Investments. Gleichzeitig entstehen neue Finanzprodukte, die explizit auf Taxonomie-Konformität setzen. Unternehmen mit hohen Taxonomie-Anteilen können leichter Kapital für nachhaltige Projekte mobilisieren, während nicht-konforme Aktivitäten schwerer finanzierbar werden.
🌱 Green-Fact: Wer in nachhaltige ETFs oder nachhaltige Fonds investiert, profitiert indirekt von der EU Taxonomie und stärkt somit den Ausbau einer nachhaltigen Wirtschaft.
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Welche Herausforderungen gibt es?
Die Umsetzung der EU Taxonomie bringt verschiedene Herausforderungen mit sich. Der PwC-Studie „EU-Taxonomie – Nichtfinanzielle Berichterstattung im Wandel“ zufolge zögern viele Unternehmen noch mit der Umsetzung der neuen Verordnung. Die komplexen technischen Bewertungskriterien erfordern erhebliche Ressourcen für die Datensammlung und -bewertung.
Dennoch zeigen sich positive Entwicklungen: Die Industrie- und Finanzunternehmen berichten inzwischen deutlich einheitlicher, und der Anteil taxonomiefähiger und -konformer Aktivitäten steigt weiter an. Die Taxonomie entwickelt sich stetig weiter und wird ihre Wirkung als Transformationsinstrument zunehmend entfalten, was mehr Kapital in nachhaltig orientierte Unternehmen spülen wird und somit den Ausbau der nachhaltigen Wirtschaft unterstützt.
✓ Dran gedacht? Achten Sie bei nachhaltigen Investments nicht nur auf den Taxonomie-Anteil eines Fonds oder ETFs. Berücksichtigen Sie auch andere ESG-Faktoren und prüfen Sie, ob die Anlagestrategie zu Ihren persönlichen Nachhaltigkeitszielen passt.
Fazit
Die EU Taxonomie markiert einen Wendepunkt für nachhaltiges Investieren in Europa. Sie schafft erstmals einheitliche, wissenschaftlich fundierte Standards und macht Nachhaltigkeit messbar und vergleichbar. Trotz aktueller Herausforderungen und Kritikpunkte entwickelt sich die Taxonomie zu einem wichtigen Instrument für die Transformation der Wirtschaft. Für private Anleger:innen eröffnet sie neue Möglichkeiten, bewusst und transparent in eine nachhaltige Zukunft zu investieren.
Häufig gestellte Fragen
Können auch kleine Unternehmen von der EU Taxonomie profitieren?
Ja, auch wenn kleine Unternehmen nicht berichtspflichtig sind, können sie die Taxonomie-Kriterien freiwillig nutzen. Dies hilft bei der Finanzierung nachhaltiger Projekte und verbessert die Attraktivität für Investor:innen, die auf Nachhaltigkeit setzen.
Werden weitere Bereiche in die EU Taxonomie aufgenommen?
Die EU arbeitet an einer Erweiterung der Taxonomie um soziale Aspekte (Social Taxonomy) und plant eine internationale Harmonisierung. Eine finale Verabschiedung ist jedoch nicht vor 2025 zu erwarten.
Wie erkenne ich als Privatanleger:in taxonomie-konforme Investments?
Achten Sie auf Produktinformationsblätter und Nachhaltigkeitsberichte von Fonds und ETFs. Viele Anbieter weisen mittlerweile explizit den Anteil taxonomie-konformer Investitionen aus. Finanzberater:innen sind zudem verpflichtet, Sie über nachhaltige Anlageoptionen zu informieren.
Ersetzt die EU Taxonomie andere Nachhaltigkeitsstandards?
Nein, die Taxonomie ergänzt bestehende ESG-Standards und Nachhaltigkeitslabels. Sie fokussiert sich speziell auf ökologische Nachhaltigkeit, während andere Standards auch soziale und Governance-Aspekte abdecken können.