Bildung und Motivation: Schlüssel zur Energiewende

Mit Prof. Dr. Volker Quaschning über Chancen und Herausforderungen im Klimaschutz

07. 01. 2025

Prof. Dr.-Ing. Volker Quaschning

  • Professor für Regenerative Energiesysteme
  • Führender Experte im Bereich erneuerbare Energien
  • Mitinitiator von Scientists for Future

Prof. Dr.-Ing. Volker Quaschning zählt zu den renommiertesten Fachleuten für erneuerbare Energien und Klimaschutz. Als Professor für Regenerative Energiesysteme an der Hochschule für Technik und Wirtschaft Berlin forscht und lehrt er zu den zentralen Herausforderungen der Energiewende. Neben seiner akademischen Arbeit engagiert er sich als Mitinitiator von Scientists for Future und tritt regelmäßig in der Öffentlichkeit auf, um für ambitionierte Klimaschutzmaßnahmen zu werben. Mit zahlreichen Publikationen, Vorträgen und einem erfolgreichen YouTube-Kanal bringt er komplexe Themen rund um die Energiewende auf den Punkt und inspiriert Menschen weltweit, sich für eine klimagerechte Zukunft einzusetzen.

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Prof. Dr. Volker Quaschning ist einer der führenden Köpfe im Bereich der Erneuerbaren Energien und ein unermüdlicher Verfechter für den Klimaschutz. Seit über drei Jahrzehnten prägt er die Debatte um die Energiewende, treibt den technologischen Fortschritt voran und inspiriert mit klaren Worten und innovativen Lösungsansätzen.

Wie kann Bildung dazu beitragen, die Klimakrise zu bewältigen? Warum wird die Energiewende oft als Last wahrgenommen, obwohl sie eine große Chance ist? Und wie können wir Menschen dazu motivieren, aktiv zum Klimaschutz beizutragen? Im Interview beantwortet Prof. Dr. Volker Quaschning diese und weitere Fragen und gibt spannende Einblicke in die Herausforderungen und Möglichkeiten der Energiewende.

EEAktuell: Wie können Schulen und Universitäten besser darauf vorbereitet werden, die kommende Generation auf die Herausforderungen der Klimakrise und die Energiewende einzustimmen? Gibt es Ihrer Meinung nach Bildungsansätze, die Sie für besonders vielversprechend halten?

Prof. Dr. Volker Quaschning: Da muss ich ein bisschen ausholen. Bildung fängt ja bereits in der Grundschule an und reicht bis hin zum Doktorgrad. Das ist natürlich ein sehr breites Bildungsgebiet. Wenn wir uns die Schulen anschauen, ist es aktuell eher Glückssache, ob man sich mit der Klimakrise auseinandersetzt. Das hängt stark von den Lehrkräften ab und davon, ob sie das Thema auf der Tagesordnung haben oder nicht.

Es wäre wichtig, die Energiewende und den Klimaschutz wirklich kontinuierlich in die Lehre zu integrieren. Denn Klimaschutz ist ein Thema, das alle betreffen wird – alle Bevölkerungsgruppen und alle Berufsgruppen. Deswegen müssen die Menschen sensibilisiert werden, und genau das ist in der Schule bisher noch nicht ausreichend abgebildet.

In den Hochschulen muss man ebenfalls differenzieren. Ich selbst komme aus einem Studienangebot, in dem das Thema ein zentraler Bestandteil ist. Es gibt jedoch viele andere Studiengänge, in denen das nicht der Fall ist. Unsere Hochschule reagiert darauf, indem sie nun ein Nachhaltigkeitsmodul für alle Studiengänge fordert. Hochschulen versuchen also, das Thema stärker zu integrieren.

Ob das allerdings ausreicht, muss man schauen. Wir sehen ja, dass unsere Gesellschaft bisher nicht angemessen auf die Klimakrise reagiert. Das zeigt, dass das nötige Wissen noch nicht überall verbreitet ist. Die aktuellen Ansätze an den Hochschulen gehen zwar in die richtige Richtung, aber ob das langfristig genügt, muss noch diskutiert werden.

EEAktuell: Vielleicht hätten Sie eine Idee, wie man das in weiterführende Schulen besser integrieren könnte, wenn Sie sagen, dass es dort noch nicht weit verbreitet ist?

Prof. Dr. Volker Quaschning: Das müsste eigentlich Bestandteil des Lehrplans werden. In anderen Ländern gab es bereits Überlegungen, sogar ein eigenes Fach zu diesem Thema zu integrieren. Ob das funktionieren kann, ist natürlich wieder eine Diskussionssache.

Da heißt es dann schnell: „Jetzt kommen wieder die ‚Linksgrünversifften‘ und machen da so ein Ökofach.“ Das würde sicherlich auf großen Widerstand stoßen. Aber ich denke, man könnte die Inhalte der Klimakrise – wie beispielsweise die Auswirkungen zunehmender Fluchtursachen oder die Lösungen durch die Energiewende – sinnvoll in bestehende Fächer integrieren. In Gesellschaftswissenschaften könnten globale Zusammenhänge und soziale Aspekte behandelt werden, in Physik und den Naturwissenschaften die technischen Lösungen, und in Ethik oder Religion die moralischen Dimensionen, wie etwa die Verantwortung gegenüber zukünftigen Generationen oder anderen Ländern, die unter unserem Handeln leiden.

Wenn man diese Themen kreativ und fächerübergreifend in die Lehrpläne einwebt, müsste das nicht viel Zeit beanspruchen, könnte aber den Umfang und die Bedeutung der Krise angemessen vermitteln. So ließe sich das Klimabewusstsein kontinuierlich über alle Schuljahre hinweg fördern.

EEAktuell: Ja, definitiv. Der Klimaschutz scheitert oft nicht an Technologien, sondern an menschlicher Trägheit, Widerständen, nicht genug Bildung. Wie könnten wir Ihrer Meinung nach Menschen stärker dazu motivieren, ihren Beitrag zu leisten?

Prof. Dr. Volker Quaschning: Das ist eine spannende Frage, über die ich lange nachgedacht habe. Wir hatten kürzlich eine Umfrage, bei der die erste Frage lautete: ‘Haben Sie Angst vor der Klimakrise?’ 80% der Menschen haben das mit Ja beantwortet. Das zeigt, dass die Klimakrise im Bewusstsein der Menschen angekommen ist. Das ist ja auch logisch, wenn man sich dieses Jahr anschaut: Jede Woche gab es Schlagzeilen über Städte, die überschwemmt wurden oder andere Klimakatastrophen.

Die zweite Frage war: ‘Glauben Sie, dass Sie persönlich mehr für den Klimaschutz tun können?’ Und 2/3 der Menschen haben mit Nein geantwortet. Das finde ich sehr interessant, denn es zeigt, dass die Botschaft oft lautet: ‘Wir haben ein großes Problem, aber bitte löst es ohne mich.’

Die Aufgabe liegt darin, diesen Widerspruch aufzulösen. Viele Menschen empfinden die Klimakrise als eine überwältigende Herausforderung, die Ängste und Sorgen auslöst. Veränderungen werden oft verdrängt, weil sie unangenehm erscheinen. Zudem sind die Debatten über Lösungen wie das Heizungsgesetz, Autos oder E-Fuels oft negativ konnotiert. Viele denken sich: ‘Ja, Klimaschutz ist wichtig, aber jede Veränderung ist irgendwie schlecht für mich.’ Genau das bleibt in den Köpfen hängen.

Ich glaube, wir müssen es schaffen, eine neue, positive Aufbruchsstimmung zu erzeugen. Beispiele wie Balkonsolaranlagen zeigen, wie das gelingen kann. Das ist ein Renner, obwohl viele Leute die Dinger nicht primär wegen des Klimaschutzes kaufen. Sie denken: ‘Das ist positiv, ich tue etwas Gutes und spare dabei auch noch Geld.’ Am Ende freuen sich die Menschen über jede Kilowattstunde, die sie mit ihrer App verfolgen können. Solche Beispiele bringen die Menschen ins Handeln, weil sie Spaß daran haben.

Das gleiche gilt für die Wärmepumpendiskussion. Warum haben wir nicht betont, dass Wärmepumpen auch kühlen können? In immer heißeren Sommern wäre das ein echtes Verkaufsargument gewesen: ‘Ihr zahlt vielleicht mehr, aber im Sommer könnt ihr bei angenehmen 25 Grad schlafen, statt bei 38 Grad zu schwitzen.’ Das gleiche gilt für Elektroautos: Warum nicht den Fahrspaß stärker in den Vordergrund rücken?

Die Energiewende darf nicht als Verzicht wahrgenommen werden. Wir müssen vermitteln, dass es uns mit diesen Lösungen besser geht. Wenn die Menschen erkennen, dass Klimaschutz nicht nur notwendig ist, sondern auch Vorteile bringt, steigt die Bereitschaft, mitzumachen. Dann sagen sie: ‘Ich habe Angst vor der Klimakrise, aber durch mein Handeln kann ich die Welt verbessern und davon sogar profitieren.’ Genau das brauchen wir, um die nötige Veränderung voranzubringen.

EEAktuell: Wärmepumpen sind jedoch nicht günstig und für viele Menschen schwer erschwinglich.

Prof. Dr. Volker Quaschning: Jein. In Norwegen hat mittlerweile jedes zweite Haus eine Wärmepumpe. Oft wird behauptet, dass Norwegen so viel reicher sei als Deutschland – das stimmt aber nur bedingt. Pro Kopf liegt das Einkommen zwar etwas höher, aber nicht so dramatisch, dass dies den Unterschied ausmacht. Wärmepumpen sind auch bei uns realisierbar, und es gibt sogar relativ preiswerte Lösungen, wie sogenannte Klima-Splitgeräte. Letztlich ist jede Klimaanlage eine Wärmepumpe. Wenn man sich beispielsweise Portugal anschaut, sieht man diese Geräte oft außen an Hauswänden montiert.

Solche Wärmepumpen lassen sich schon für etwa 10.000 Euro einbauen. Dabei handelt es sich um Luft-Luft-Systeme, bei denen für jeden Raum ein Gerät außen an der Wand installiert wird. Das ist zwar technisch effizient, sieht aber nicht besonders gut aus. In Deutschland geben wir oft lieber 50.000 Euro für eine ästhetische Lösung aus. Das eigentliche Problem ist also optischer Natur. Von der Technik her ist eine Wärmepumpe eine relativ einfache und kostengünstige Technologie. Der hohe Preis entsteht vor allem durch den Einbau und den Wunsch nach ansprechender Optik. Das sollte man immer im Hinterkopf behalten.

EEAktuell: 10.000 Euro hat nicht jeder. Wie könnten wir Ihrer Meinung nach finanziell schwächere Haushalte besser in die Energiewende einbinden und unterstützen?

Prof. Dr. Volker Quaschning: Na ja, aktuell haben wir eine Wärmepumpenförderung, die wieder nach dem Gießkannenprinzip funktioniert. Das bedeutet: Jemand, der eine Millionenvilla besitzt, bekommt 70% Förderung, wenn er schnell genug handelt – genauso wie jemand, der in einem alten, schlecht gedämmten Haus lebt und sich nicht einmal die nötige Sanierung leisten kann. Das zeigt ein generelles Problem in Deutschland: Wir schaffen es einfach nicht, Förderungen einkommensabhängig zu gestalten. Das gilt nicht nur für die Wärmepumpe, sondern für viele andere Bereiche. Der Grund dafür ist, dass immer wieder die Lobby der Besserverdienenden einschreitet. Natürlich freut man sich, wenn man ein hohes Einkommen hat und trotzdem Geld vom Staat bekommt. Aber bei Menschen mit wenig Geld ist diese Unterstützung viel notwendiger.

Wir müssen genauer hinschauen und eine gerechtere Verteilung sicherstellen. Wenn das Geld knapp ist, wie es bei den aktuellen Sparmaßnahmen der Fall ist, kann man es nur einmal ausgeben. Dann sollten diejenigen, die breite Schultern haben, eben auch mehr tragen. Das würde funktionieren. Schließlich ist Deutschland kein armes Land, das kurz vor dem Staatsbankrott steht. Es ist vor allem eine Frage der Verteilung.

Momentan schütten wir Gelder oft ineffizient aus – ein Beispiel ist die Elektroautoförderung. Da gab es zeitweise 9.500 Euro pro Auto, wodurch der Markt angeheizt wurde. Dann merken wir ein paar Monate später, dass wir uns diese Ausgaben auf Dauer nicht leisten können, und stellen die Förderung komplett ein. Das ist für alle Beteiligten schlecht: für die Verbraucher:innen und für die Unternehmen, die dadurch mit einem Stop-and-Go-Effekt kämpfen müssen.

Eine kontinuierliche, einkommensabhängige Förderung wäre sinnvoller. Je geringer das Einkommen, desto höher die Förderung – so nehmen wir alle mit. Die Akzeptanz wäre größer, das System würde funktionieren, und die Unternehmen hätten Planungssicherheit.

Aber klar, dann gibt es wieder Widerstand, zum Beispiel von der FDP, die darauf besteht, dass auch Besserverdienende etwas vom Kuchen abbekommen. Und so entstehen Kompromisse, die am Ende oft wenig sinnvoll sind.

EEAktuell: In den Debatten um die Energiewende stehen meistens Solar und Windkraft im Mittelpunkt. Gibt es Ihrer Meinung nach noch Technologien oder Ansätze, über die wir mehr diskutieren sollten?

Prof. Dr. Volker Quaschning: Ja, Speicher sind ein wichtiges Thema. Sonne und Wind werden in Deutschland etwa 80%, vielleicht sogar 90% unserer künftigen Energieversorgung abdecken. Sie sind schlichtweg die bedeutendsten Energieformen. Natürlich gibt es auch noch andere Optionen wie Biomasse oder Geothermie, aber deren Potenziale sind vergleichsweise gering.

Windenergie spielt dabei eine entscheidende Rolle, die oft unterschätzt wird. Während Solarenergie recht gut akzeptiert ist, stößt Windkraft – vor allem in Süddeutschland – auf Widerstand. Interessanterweise finden die Menschen dort, wo es die wenigsten Windräder gibt, sie am schlechtesten. Das ist dieses typische „Was ich nicht kenne, finde ich doof“. Aber ohne Windenergie in Süddeutschland wird die Energiewende nicht gelingen, weil uns dort schlichtweg die Flächen fehlen. Das ist ein Punkt, über den wir dringend diskutieren müssen.

Natürlich sind Sonne und Wind schwankende Energieformen, und dann gibt es Kritiker:innen, die sagen: „Die Energiewende funktioniert ja gar nicht, weil nachts kein Wind weht.“ Ja, das ist uns tatsächlich schon vor Jahrzehnten aufgefallen. Genau deshalb brauchen wir Lösungen für Speicher. Die Technologien existieren bereits, aber sie müssen schneller vorangebracht und in die Praxis umgesetzt werden. Denn ohne ausreichende Speicher können wir die alten Technologien nicht loswerden, und genau das ist entscheidend.

EEAktuell: Gibt es innovative Wege aus anderen Ländern, von denen wir noch etwas lernen könnten?

Prof. Dr. Volker Quaschning: Na ja, es gibt kein Land, bei dem man sagen könnte, dort läuft alles perfekt. Aber es gibt durchaus Länder, von denen man sich einiges abschauen kann, weil sie bestimmte Dinge richtig gemacht haben.

Ein Beispiel ist Norwegen. Ab 2025 werden dort keine Verbrennerautos mehr neu zugelassen. Damit hat Norwegen die Verkehrswende im Prinzip schon erreicht – etwas, das wir in Deutschland mit viel Diskussion vielleicht erst 2035 schaffen wollen. Es funktioniert dort offensichtlich. Während wir hier über Ladeinfrastruktur, Reichweitenangst und die Frage diskutieren, ob sich ärmere Menschen noch ein Auto leisten können, hat Norwegen Lösungen gefunden. Da lohnt es sich, genauer hinzuschauen.

Ein anderes Beispiel sind Wärmepumpen. In Skandinavien, also in Norwegen, Dänemark und Finnland, sind sie weit verbreitet. In Deutschland diskutieren wir immer noch darüber, ob unsere Winter dafür zu kalt sind. Die Frage ist also: Was machen diese Länder anders? Auch hier kann man sich einiges abschauen.

Und dann gibt es China, das vor zehn bis fünfzehn Jahren sehr strategisch gehandelt hat. Sie haben sich das Ziel gesetzt, Weltmarktführer in der Produktion von Solarenergie, Batterien und Elektroautos zu werden. Das war keine Klimaschutzmaßnahme, sondern eine energie- und wirtschaftspolitische Entscheidung. Selbst in schwierigen Zeiten hat der Staat die Unternehmen unterstützt und den Kurs nicht geändert. Das Ergebnis: China ist heute in diesen Bereichen führend. Das wiederum stellt Deutschland vor Probleme, besonders in der Automobilindustrie.

Wir müssen also von verschiedenen Ländern lernen: von Chinas strategischen Entscheidungen für Zukunftstechnologien und von Skandinavien, das zeigt, wie man die Bevölkerung erfolgreich mitnimmt. Wenn wir diese Ansätze kombinieren und sie mit dem verbinden, was wir in Deutschland gut können, dann könnte daraus etwas richtig Gutes entstehen.

EEAktuell: Gab es in Ihrem Berufsleben ein bestimmtes Ereignis oder eine Erkenntnis, die Ihre Sicht auf den Klimaschutz nachhaltig verändert hat? Und wenn ja, welche Botschaft würden Sie daraus ableiten?

Prof. Dr. Volker Quaschning: Also ich bin ja schon sehr lange dabei. Schon in meiner Studienzeit in den 80er-Jahren gab es die Enquete-Kommission zum Schutz der Erdatmosphäre des Deutschen Bundestages. Die haben damals Berichte verfasst, die genau aufzeigten, was wir tun müssen, und sie beschrieben die Situation als sehr ernst. Diese Berichte wurden parteiübergreifend – mit dem Siegel der CDU, FDP und anderen damaligen Parteien – verabschiedet und dem Bundestag vorgelegt. Doch umgesetzt wurde davon nichts.

Das war für mich ein Aha-Erlebnis, weil diese Berichte schon damals so schockierend waren. Alles, was wir heute erleben und diskutieren, stand bereits in diesen Dokumenten. Diese Ignoranz gegenüber so eindeutigen Ergebnissen hat mich dazu gebracht zu sagen: Ich muss etwas tun. Deshalb engagiere ich mich seitdem im Klimaschutz, weil diese Erkenntnisse so klar und eindeutig waren.

Das Zweite, was mich bis heute beschäftigt, ist die Frage: Wenn wir schon seit über 30 Jahren wissen, was zu tun ist, und sogar damals die Politik – einschließlich der Union – Berichte abgesegnet hat, die klare Handlungsanweisungen enthielten, warum funktioniert es trotzdem nicht? Das ist etwas, das ich bis heute nicht verstehe. Es scheint, als hätten wir es nie geschafft, die Energiewende als etwas Attraktives, als etwas ‚Sexy‘ zu verkaufen. Stattdessen wird sie als Last wahrgenommen. Immer wieder hieß es: Ja, wir müssten das tun, aber wir ignorieren das Problem einfach mal. Denn Klimaschutz war und ist kein Gewinnerthema.

Meine Erkenntnis aus diesem langen Weg ist: Wir müssen es schaffen, die Energiewende positiv zu vermitteln und zu zeigen, dass sie uns alle voranbringt. Nur so können wir die nötige Akzeptanz schaffen und die Menschen mitnehmen.

EEAktuell: Wir kommen zum Ende. Eine abschließende Frage: Was ist Ihrer Meinung nach die wichtigste Veränderung, die jede:r Einzelne in den nächsten zwölf Monaten umsetzen sollte, um einen positiven Einfluss auf den Klimaschutz zu haben?

Prof. Dr. Volker Quaschning: Spannend. Ich möchte hier zwei Dinge ansprechen. Erstens: Veränderungen, die aus der Politik kommen, sollten nicht gleich zerschossen werden, wie es beim Heizungsgesetz der Fall war. Man kann natürlich darüber diskutieren, wie man sie verbessert, aber sie sollten nicht verhindert werden.

Zweitens müssen wir auch Veränderungen in unseren Lebensstilen akzeptieren. Es gibt Bereiche, in denen wir viele Probleme technisch lösen können – zum Beispiel können Autos und Heizungen sauber gemacht werden. Es gibt jedoch zwei Bereiche, bei denen das in den nächsten zehn Jahren nicht möglich sein wird.

Das erste ist der Fleischkonsum. Hier gibt es keine technische Lösung, um Emissionen ganz zu eliminieren. Das bedeutet nicht, dass wir komplett auf Fleisch verzichten müssen, aber wir werden darüber diskutieren müssen, dass der durchschnittliche Konsum auf diesem Planeten mindestens halbiert wird. Wenn wir das nicht schaffen, wird das ein großes Problem bleiben.

Der zweite Bereich ist der Flugverkehr. Klimaneutrale Flugzeuge sind zwar technisch machbar, würden aber drei- bis viermal so teuer sein, und es wird noch mindestens 50 Jahre dauern, bis sie in der Breite verfügbar sind. Daher sollte man sich selbst die Frage stellen – vielleicht gerade jetzt zum Jahreswechsel und den guten Vorsätzen: Muss ich wirklich in den Urlaub fliegen?

Das ist der Widerspruch: 80% der Menschen haben Angst vor der Klimakrise, aber trotzdem fliegen viele von ihnen auf die Malediven. Sie sagen, sie könnten selbst nichts tun – doch genau hier müsste man ehrlich hinterfragen: Wenn das Überleben meiner Kinder davon abhängt, ist dieser Flug wirklich so wichtig? Diese Frage sollte sich jede:r von uns stellen.

Fazit: Das Interview mit Prof. Dr. Quaschning hat deutlich gemacht, dass die Bildung eine zentrale Rolle in der Klimakrise spielt, jedoch vielerorts noch unzureichend integriert ist. Schulen und Universitäten müssen sich stärker engagieren, um Klimaschutz und Nachhaltigkeit als festen Bestandteil des Lehrplans zu etablieren. Gleichzeitig zeigte sich, dass Motivation und positive Visionen entscheidend sind, um Widerstände gegen den Wandel zu überwinden.

Ein inspirierendes Beispiel sind Maßnahmen wie Balkonsolaranlagen, die zeigen, wie Klimaschutz Spaß machen und gleichzeitig individuelle Vorteile bringen kann. Auch wenn der Weg noch lang ist, gibt es bereits Lösungen, die jeder Einzelne umsetzen kann – vom bewussteren Konsum über technische Innovationen bis hin zur Veränderung politischer Prioritäten. Prof. Quaschning betont, dass die entscheidenden Schritte hin zu einem klimafreundlichen Leben oft einfacher sind, als wir denken – wenn wir sie gemeinsam und mutig angehen.