Grüner Wasserstoff im Alltag

Dr. Moritz Schwencke über die Energiezukunft

17. 12. 2024

Dr. Moritz Schwencke

  • Gründer Eternal Power GmbH
  • Wasserstoff-Experte

Dr. Moritz Schwencke gründete 2021 die Eternal Power GmbH mit dem strategischen Ziel, einen integrierten globalen Massenproduzenten von grünem Wasserstoff und Derivaten zu etablieren, um zu einer erfolgreichen Dekarboniserung von z.B. Schifffahrt und Industriesektoren beizutragen.
Zuvor war Moritz Schwencke 10 Jahre lang im Bereich Erneuerbare Energien für Conergy und CentroPlan in der globalen Projektentwicklung (Wind & PV) und O&M sowie für McKinsey in den Büros Hamburg und Silicon Valley tätig.

Startseite > Gäste > Grüner Wasserstoff im Alltag

Dr. Moritz Schwencke ist ein Experte im Bereich Wasserstoff und setzt sich leidenschaftlich für eine nachhaltige Energiezukunft ein. Mit Eternal Power verfolgt er innovative Ansätze, um grüne Wasserstofflösungen für die breite Bevölkerung zugänglich zu machen. Unsere Leser:innen sind gespannt darauf, mehr über diese spannende Technologie und die Zukunftsaussichten zu erfahren.

EEAktuell: Herr Schwencke, wie sind Sie ursprünglich zur Wasserstofftechnologie gekommen, und was hat Ihr Interesse daran geweckt?

Dr. Moritz Schwencke: Ich habe über zehn Jahre lang im Bereich der Erneuerbaren Energien, vor allem in der weltweiten Projektentwicklung für Photovoltaik und Wind sowie im Bereich Betrieb und Wartung gearbeitet. Mit dem zunehmenden politischen und gesellschaftlichen Fokus auf die Wasserstofftechnologie – insbesondere ihrer Notwendigkeit für die Erreichung unserer Klimaziele – wurde mir bewusst, dass allein der Ausbau von Wind- und Solarenergie nicht ausreicht, um die Energiewende vollständig umzusetzen: Wir brauchen auch Lösungen für Energiespeicher, sowohl Batterie- und Molekülbasiert. Dadurch wuchs auch mein Interesse an diesem entscheidenden Thema.

Was mich besonders fasziniert, ist die Tatsache, dass grüner Wasserstoff ein völlig neues, dynamisches und zugleich äußerst komplexes Feld ist. Es erfordert mutige Akteur:innen, die bereit sind, den Aufbau und die Entwicklung dieses aufstrebenden Marktes aktiv mitzugestalten.
Gerade diese hohe Komplexität, geprägt durch die Interdisziplinarität und die Vielzahl an beteiligten Stakeholdern, macht die Arbeit an Wasserstoffprojekten für mich so spannend. Sie bietet die Chance, wirklich etwas zu bewegen und entscheidend zur Verwirklichung der Klimaziele beizutragen.

EEAktuell: Eternal Power hat sich zum Ziel gesetzt, grüne Wasserstofflösungen voranzutreiben. Können Sie uns etwas über die Mission und Vision Ihres Unternehmens erzählen? Welche Rolle spielt dabei der/die Endverbraucher:in?

Dr. Moritz Schwencke: Unsere Mission ist es, als Vorreiter die grüne Wasserstoffrevolution aktiv mitzugestalten. Eternal Power strebt an, weltweit Anlagen für die Produktion von Wasserstoff und seinen Derivaten zu entwickeln, zu bauen und zu betreiben. Dabei verfolgen wir die strategische Vision, uns als integrierter globaler Produzent von grünem Wasserstoff zu etablieren, um insbesondere schwer zu dekarbonisierende Sektoren wie die Schifffahrt nachhaltig umzugestalten.

Strategisch verfolgen wir den Ansatz der Kostenführerschaft des Ökonom Michael Porter: Dafür ist es notwendig, sehr große Anlagen wie zum Beispiel im Offshore-Wind zu entwickeln, um über Skaleneffekte und zukünftige Effizienzgewinne die Stückkosten des grünen Wasserstoffs zu reduzieren.

Der/die Endverbraucher:in profitiert in der nahen Zukunft vor allem indirekt von unserer Arbeit, etwa durch klimafreundlichere Logistik und Produkte, die auf nachhaltigen Wertschöpfungsketten basieren. Unsere langfristige Vision ist jedoch, dass grüner Wasserstoff zunehmend auch im Alltag der Verbraucher:innen spürbar wird – sei es durch CO₂-neutrale Mobilität oder andere emissionsarme Anwendungen.

EEAktuell: Für viele ist Wasserstoff noch eine abstrakte Idee. Welche realistischen Einsatzmöglichkeiten gibt es heute schon für Privatpersonen, und wie könnten sich diese Ihrer Meinung nach in den nächsten Jahren entwickeln?

Dr. Moritz Schwencke: Grüner Wasserstoff ist derzeit noch ein äußerst wertvolles Gut, weshalb er in naher Zukunft vor allem in Sektoren eingesetzt wird, die schwer elektrifizierbar sind und wenige Alternativen zur Emissionsreduzierung bieten. Dazu zählen insbesondere die Stahl- und Chemieindustrie, wo Wasserstoff als Rohstoff dient. Bisher stammt dieser Wasserstoff meist aus fossilen Quellen, muss jedoch zukünftig aus grünen, nachhaltigen Quellen kommen.

Für Privatpersonen gibt es derzeit vor allem indirekte Einsatzmöglichkeiten, etwa durch den öffentlichen Personennahverkehr, wo beispielsweise Busse auf wasserstoffbetriebene Modelle umgestellt werden. Auch Wasserstoffautos existieren bereits, spielen jedoch aufgrund ihres begrenzten Marktes und der aktuellen Tankstellen-Infrastruktur eine eher untergeordnete Rolle.

Eine weitere interessante Entwicklung ist der in diesem Jahr in Deutschland eingeführte HVO-Kraftstoff (Hydrotreated Vegetable Oil), der in nahezu jedem Pkw verwendet werden kann. Dieser nachhaltige Kraftstoff basiert auf biogenen Rohstoffen und verursacht im Vergleich zu herkömmlichem Diesel oder Benzin deutlich geringere Emissionen. Dabei wird Wasserstoff in der Herstellung von HVO eingesetzt, wodurch dieser indirekt auch im Alltag von Privatpersonen eine Rolle spielt.

Langfristig könnte Wasserstoff auch im privaten Bereich größere Bedeutung gewinnen, etwa beim Heizen oder als Energiespeicher. Diese Anwendungen sehe ich jedoch erst in einer weiter entfernten Zukunft als realistisch, da sie aktuell noch wirtschaftlich und technologisch wenig konkurrenzfähig sind.

EEAktuell: Was sind die größten Herausforderungen bei der Etablierung von Wasserstoff für den privaten Gebrauch? Wie geht Eternal Power mit diesen Hürden um?

Dr. Moritz Schwencke: Die größten Herausforderungen bei der Nutzung von Wasserstoff im privaten Bereich liegen derzeit im begrenzten Angebot, den hohen Kosten und den logistischen Hürden beim Transport direkt zu Endkund:innen. Zusätzlich gibt es in vielen Anwendungsbereichen – beispielsweise beim Heizen – bereits etablierte und oft effizientere Alternativen wie Wärmepumpen, die den Einsatz von Wasserstoff weniger attraktiv machen.

Eternal Power konzentriert sich darauf, diese Hürden durch den Aufbau einer skalierbaren, kosteneffizienten Produktion und Logistik für grünen Wasserstoff zu überwinden. Unser Fokus liegt zunächst auf industriellen Anwendungen, um eine starke Nachfragebasis zu schaffen und durch Skaleneffekte die Kosten zu senken. Langfristig könnten diese Fortschritte auch dem privaten Markt zugutekommen.

Wir setzen zudem auf die Entwicklung von Infrastrukturprojekten, die den sicheren und effizienten Transport von Wasserstoff ermöglichen. Dadurch schaffen wir die Grundlage für eine breitere Nutzung – auch im privaten Bereich, sobald diese Anwendungen wirtschaftlich und technologisch konkurrenzfähig werden.

EEAktuell: Wie nachhaltig ist Wasserstoff tatsächlich? Könnten Sie erläutern, wie Eternal Power sicherstellt, dass die Wasserstoffproduktion und -nutzung umweltfreundlich ist?

Dr. Moritz Schwencke: Wasserstoff an sich ist weder nachhaltig noch klimaschädlich – entscheidend sind die Produktionsmethoden, die über die damit verbundenen Emissionen bestimmen. Der aktuell noch häufig genutzte „graue“ Wasserstoff wird beispielsweise durch das Dampfreformierungsverfahren aus fossilem Erdgas gewonnen. Dabei entstehen erhebliche CO₂-Emissionen. Neben dieser traditionellen Methode gibt es jedoch weitere, umweltfreundlichere Ansätze zur Herstellung von Wasserstoff.

Bei Eternal Power konzentrieren wir uns ausschließlich auf die Produktion von „grünem“ Wasserstoff, der mittels Elektrolyse erzeugt wird. Dabei kommt Strom aus erneuerbaren Energien zum Einsatz. Unsere Strategie deckt die gesamte Wertschöpfungskette ab, von der Auswahl idealer Standorte – mit Zugang zu kostengünstiger, nachhaltiger Energie und Wasser – über langfristige Abnahmeverträge bis hin zur effizienten Logistik. Dieses ganzheitliche Konzept ermöglicht eine wirtschaftliche Produktion und trägt dazu bei, nicht nur die Kosten für grünen Wasserstoff langfristig zu senken, sondern auch die gesamte Wertschöpfungskette möglichst umweltfreundlich zu gestalten.

Ein Beispiel dafür ist unsere geplante 380-MW-Elektrolyseanlage in Mecklenburg-Vorpommern. Sie wird direkt an Offshore-Windparks sowie das deutsche Wasserstoff-Kernnetz angebunden und stellt eine umweltfreundliche Infrastruktur für die Energiewende dar.

EEAktuell: Wo sehen Sie den Energiebedarf und die -versorgung in zehn Jahren? Welche Rolle wird Wasserstoff dabei spielen, und was bedeutet das für uns als Privatverbraucher:innen?

Dr. Moritz Schwencke: In den kommenden zehn Jahren wird der globale Energiebedarf weiter steigen – getrieben durch die Elektrifizierung von Verkehr und Industrie, das Bevölkerungswachstum und die wirtschaftliche Entwicklung. Gleichzeitig wird die Energieversorgung zunehmend von erneuerbaren Energien geprägt sein, da die Dekarbonisierung ein zentrales Ziel bleibt. Neben dem Ausbau von Erzeugungskapazitäten werden auch Speichermöglichkeiten an Bedeutung gewinnen. Anfangs werden dabei vor allem Batteriespeicher im Fokus stehen, aber auch Elektrolyseure werden zunehmend eingesetzt.

Wasserstoff wird dabei vor allem zunächst in Bereichen genutzt werden, in denen es kaum Alternativen zur Reduzierung von Emissionen gibt. Dazu zählen etwa Industrieprozesse oder der Ersatz fossiler Kraftstoffe wie Kerosin im Flugverkehr durch erneuerbare Alternativen. Für Privatverbraucher:innen wird der Einfluss zunächst eher indirekt spürbar sein, da solche Umstellungen hauptsächlich auf industrieller Ebene stattfinden.

Allerdings könnte die teilweise regulatorisch vorgegebene Nutzung von Wasserstoff – in Kombination mit den aktuell noch hohen Kosten für grünen Wasserstoff – zumindest geringe Auswirkungen auf die Preise für Privatverbraucher:innen haben. Dies liegt daran, dass die Industrie diese Kosten in gewissem Umfang weitergeben dürfte.

EEAktuell: Wir kommen zum Ende des Interviews: Haben Sie einen praktischen Tipp oder eine Empfehlung für unsere Leser:innen, die sich für grünen Wasserstoff interessieren und vielleicht sogar selbst aktiv zur Energiewende beitragen möchten?

Dr. Moritz Schwencke: Mein Tipp wäre, sich aktiv mit den Möglichkeiten und Entwicklungen im Bereich der erneuerbaren Energien auseinanderzusetzen – sei es durch Informationsveranstaltungen, lokale Initiativen oder den Austausch mit Expert:innen. Für Privatpersonen bietet es sich an, bei der Wahl von Energieversorgern auf Tarife zu achten, die auf erneuerbaren Energien basieren, da diese die Grundlage für grünen Wasserstoff bilden.

Wer selbst aktiv werden möchte, kann beispielsweise in emissionsarme Technologien wie Photovoltaik, Elektromobilität oder nachhaltige Heizsysteme investieren. Diese tragen nicht nur direkt zur Energiewende bei, sondern schaffen auch die Basis für die Integration von Wasserstoff in unserem Energiesystem.

Und schließlich: Unterstützen Sie Innovationen in der Wasserstofftechnologie, etwa durch die Förderung lokaler Projekte oder die Beteiligung an Initiativen, die eine nachhaltige Energiezukunft gestalten.

Fazit: Grüner Wasserstoff im Alltag – Ein Schlüssel zur nachhaltigen Energiezukunft

Das Interview mit Dr. Moritz Schwencke verdeutlicht die zentrale Rolle, die grüner Wasserstoff für die Energiewende und eine klimafreundliche Zukunft spielt. Als innovativer und vielseitiger Energieträger bietet Wasserstoff Lösungen für schwer elektrifizierbare Sektoren und schafft langfristig auch Potenziale für den privaten Alltag, etwa in Form von CO₂-neutraler Mobilität oder emissionsarmen Anwendungen.

Dr. Schwencke hebt hervor, wie Eternal Power mit einer ganzheitlichen Strategie – von der Produktion bis zur Infrastruktur – daran arbeitet, grünen Wasserstoff wirtschaftlich und nachhaltig verfügbar zu machen. Herausforderungen wie hohe Kosten und komplexe Logistik werden durch Skaleneffekte und innovative Ansätze überwunden. Für Privatpersonen bleibt grüner Wasserstoff derzeit vor allem indirekt spürbar, etwa durch nachhaltige Produkte oder emissionsarme öffentliche Verkehrsmittel.

Mit einem klaren Blick auf die Zukunft und praktischen Tipps zeigt Dr. Schwencke, wie jede:r Einzelne zur Energiewende beitragen kann – sei es durch bewusste Entscheidungen im Alltag oder die Unterstützung innovativer Technologien. Dieses Engagement für grüne Wasserstofflösungen macht deutlich: Die Energiezukunft beginnt heute, und jede:r kann Teil dieser Revolution sein.