Wasserkraft ist eine unerschöpfliche Energiequelle, die den Menschen schon seit Jahrtausenden zur Verfügung steht. Die Suche nach innovativen Lösungen, um die Kraft des Wassers effizienter zu nutzen und den nächsten Schritt in Richtung einer nachhaltigen Welt zu setzen führte zu zahlreichen Entwicklungen. Die verschiedenen Arten von Wasserkraftwerken, von riesigen Talsperren bis hin zu dynamischen Strömungs- und Gezeitenkraftwerken, verdeutlichen die technologische Vielfalt und Anpassungsfähigkeit an unterschiedliche Umgebungen und Bedürfnisse.
Warum gibt es verschiedene Arten von Wasserkraftwerken?
Die Entwicklung unterschiedlicher Arten von Wasserkraftwerken spiegelt die Anpassung an die vielfältigen landschaftlichen Bedingungen unserer Erde wider. Wasser, als eine der grundlegenden Ressourcen für erneuerbare Energie, präsentiert sich in verschiedenen Formen: mal als reisender Fluss, mal als tiefer Stausee oder als große Welle im Meer. Um aus jeder Situation das Maximum an Energie gewinnen zu können, sind spezifisch angepasste Technologien notwendig. Das Ziel ist es, die natürliche Dynamik des Wassers effektiv in elektrische Energie umzuwandeln, unabhängig von den geographischen Besonderheiten eines Ortes.
Klassifizierung von Wasserkraftwerken
Die Klassifizierung von Wasserkraftwerken nach dem Nutzgefälle, also dem Höhenunterschied zwischen dem Wasserspiegel oberhalb und hinter der Turbine, führt zu drei Hauptkategorien: Niederdruck-, Mitteldruck- und Hochdruckkraftwerke. Diese Unterscheidung ist entscheidend, da sie direkt die Bauart, die Technologie der Turbinen und die Anwendungsbereiche der Kraftwerke bestimmt.
Niederdruckkraftwerke
Niederdruckkraftwerke befinden sich typischerweise im Mittellauf eines Flusses und nutzen die dortigen hohen Abflüsse. Sie sind darauf ausgelegt, eine konstante Energiequelle zu sein und können neben der Stromerzeugung auch für den Hochwasserschutz oder zur Eindämmung von Sohlerosion genutzt werden. Die Anordnung eines Saugrohres bei einigen dieser Anlagen dient dazu, den Wirkungsgrad zu erhöhen.
Mitteldruckkraftwerke
Mitteldruckkraftwerke werden meist in Verbindung mit niedrigen Talsperren oder Wehranlagen an Flüssen errichtet. Sie decken sowohl die Grundlast als auch die Mittellast ab und können durch Speicherbewirtschaftung den typischen mittleren Wasserdurchsatz erreichen. Sie sind oft Teil von Mehrzweckanlagen, die neben der Energiegewinnung auch Ziele wie Trinkwasserversorgung oder Hochwasserschutz verfolgen.
Hochdruckkraftwerke
Hochdruckkraftwerke sind in Mittel- und Hochgebirgen anzutreffen und nutzen große Fallhöhen, um Strom für Spitzenlastzeiten zu erzeugen. Sie sind häufig mit Talsperren, Staumauern oder Staudämmen verbunden, die große Wassermengen speichern können. Durch Druckstollen und Druckschächte wird das Wasser zum Kraftwerk geleitet. Solche Anlagen sind für den schnellen Ausgleich von Spitzen im Strombedarf ausgelegt, wobei ökologische Aspekte wie die gesteuerte Wasserabgabe durch Rückhaltebecken und Zwischenspeicher berücksichtigt werden.
Schon gewusst?
Eine Investition in Wasserkraft vereint Nachhaltigkeit & Rendite und gibt auch privaten Anleger:innen die Möglichkeit mitzuwirken.
Arten von Wasserkraftwerken
Laufwasserkraftwerk
Laufwasserkraftwerke nutzen die natürliche Strömung von Flüssen, um elektrische Energie zu erzeugen, indem sie Wasser durch Turbinen leiten, ohne es zuvor in großen Mengen zu stauen oder zu speichern. Diese Kraftwerke passen sich harmonisch in den Flusslauf ein und minimieren so die ökologischen Auswirkungen auf das lokale Ökosystem. Aufgrund ihrer Fähigkeit, kontinuierlich Energie zu liefern, werden sie bevorzugt in Regionen mit konstantem Wasserfluss eingesetzt. Ihre Effizienz und Umweltverträglichkeit machen sie zu einer attraktiven Option für die nachhaltige Energiegewinnung. Allerdings hängt ihre Leistungsfähigkeit stark von den saisonalen Wasserständen ab.
Bekannte Kraftwerke:
- Itaipu-Damm (Brasilien/Paraguay)
- Drei-Schluchten-Talsperre (China)
- Assuan-Staudamm (Ägypten)
Ausleitungskraftwerk
Ausleitungskraftwerke kennzeichnen sich durch die Umlenkung eines Teils des Flusswassers durch einen künstlich angelegten Kanal oder eine Röhre, um ein Gefälle zu erzeugen, bevor das Wasser durch die Turbinen strömt. Diese Bauweise erlaubt eine flexible Standortwahl der Turbinen und optimiert so das Energiegewinnungspotenzial. Ausleitungskraftwerke können effektiv in gebirgigen Regionen oder bei Flüssen mit geringem Gefälle eingesetzt werden, um den Wasserfluss und damit die Energieausbeute zu maximieren. Ihre Anpassungsfähigkeit an unterschiedliche geografische Gegebenheiten macht sie besonders wertvoll für die Energieerzeugung in komplexen Landschaften.
Bekannte Kraftwerke:
- Kraftwerk Gösgen (Schweiz)
- Weserkraftwerk Bremen (Deutschland)
- Kraftwerk Kirchbichl (Österreich)
Speicherkraftwerk
Speicherkraftwerke nutzen ein Reservoir, um Wasser zu speichern und freizugeben, wenn der Bedarf an elektrischer Energie hoch ist. Diese Kraftwerke sind in der Lage, innerhalb kurzer Zeit von Null auf ihre maximale Leistung hochzufahren, was sie besonders geeignet für die Deckung von Spitzenlasten macht. Speicherkraftwerke werden typischerweise in bergigen Regionen errichtet, wo natürliche Täler leicht zu großen Stauseen umfunktioniert werden können. Sie bieten den Vorteil, Wasser als Energiequelle zu speichern und sind somit eine flexible und zuverlässige Energiequelle, die unabhängig von aktuellen Wetterbedingungen oder saisonalen Schwankungen agieren kann.
Bekannte Kraftwerke:
- Baihetan-Talsperre (China)
- Belo-Monte-Wasserkraftwerk (Brasilien)
- Grand-Coulee-Talsperre (USA)
Pumpspeicherkraftwerk
Pumpspeicherkraftwerke sind eine spezielle Form der Speicherkraftwerke, die Wasser in ein höher gelegenes Reservoir pumpen, wenn die Nachfrage nach Strom gering ist, und es freigeben, wenn die Nachfrage steigt. Diese Kraftwerke spielen eine Schlüsselrolle bei der Stabilisierung des Stromnetzes und der Speicherung überschüssiger Energie, besonders aus erneuerbaren Quellen wie Wind und Sonne. Pumpspeicherkraftwerke sind flexibel einsetzbar und tragen wesentlich zur Netzstabilität bei, indem sie eine schnelle Anpassung an schwankende Energiebedarfe ermöglichen.
Bekannte Kraftwerke:
- Bath County (USA)
- Okutataragi-Pumpspeicherkraftwerk (Japan)
- Goldisthal (Deutschland)
Kavernenkraftwerk
Kavernenkraftwerke sind in großen, künstlich geschaffenen Höhlen im Inneren von Bergen untergebracht. Diese Bauart minimiert die Umweltauswirkungen an der Oberfläche und nutzt gleichzeitig das natürliche Gefälle für die Energiegewinnung. Kavernenkraftwerke sind oft Teil von Pumpspeicherprojekten und bieten eine sichere, unsichtbare Methode zur Energieerzeugung und -speicherung. Ihre unterirdische Lage schützt sie zudem vor extremen Wetterbedingungen und anderen äußeren Einflüssen.
Bekannte Kraftwerke:
- Sima-Kraftwerk (Norwegen)
- Wasserkraftwerk Cañón del Pato (Peru)
- Drei-Brüder-Schacht (Deutschland)
Wellenkraftwerk
Wellenkraftwerke nutzen die Energie der Meereswellen, um Strom zu erzeugen. Diese Technologie ist besonders vielversprechend für küstennahe Regionen mit starkem Wellengang. Wellenkraftwerke können auf dem Meer oder nahe der Küste installiert werden, wobei sie die kinetische Energie der Wellen in elektrische Energie umwandeln.
Bekannte Kraftwerke:
- Aguçadoura (Portugal)
- Pelamis Wave Power (Schottland)
- Mutriku Breakwater Wave Plant (Spanien)
Gezeitenkraftwerk
Gezeitenkraftwerke generieren Strom durch die Nutzung der Energie, die in den natürlichen Gezeitenbewegungen der Ozeane steckt. Sie benötigen spezielle Standorte, an denen der Unterschied zwischen Ebbe und Flut groß genug ist, um eine effiziente Energiegewinnung zu ermöglichen. Gezeitenkraftwerke können enorme Mengen an zuverlässiger und vorhersagbarer Energie liefern, sind jedoch aufgrund der notwendigen Standortbedingungen und der hohen Anfangsinvestitionen begrenzt.
Bekannte Kraftwerke:
- Gezeitenkraftwerk Strangford (Irland)
- Gezeitenkraftwerk La Rance (Frankreich)
- Annapolis Royal (Kanada)
Meeresströmungskraftwerk
Meeresströmungskraftwerke erzeugen Strom durch die Ausnutzung der konstanten Bewegungen von Meeresströmungen. Diese Art der Kraftwerke ist besonders interessant, da Meeresströmungen eine sehr zuverlässige und vorhersagbare Energiequelle darstellen. Die Technologie befindet sich noch in der Entwicklungsphase, verspricht aber eine umweltfreundliche und effiziente Methode zur Energiegewinnung aus dem Meer.
Bekannte Kraftwerke:
- Hammerfest (Norwegen)
- MeyGen (Schottland/ Orkey Inseln)
- Minas-Becken / Fundy Bay (Schottland)
Turbinenarten
In verschiedenen Arten von Kraftwerken kommen auch verschiedene Arten von Turbinen zum Einsatz. Je nach Type des Wasserkraftwerk wird so die Effizienz erhöht, wodurch mehr Strom produziert werden kann. Die in Wasserkraftanlagen eingesetzten Turbinenarten unterteilen sich grundlegend in Gleichdruck- und Überdruckturbinen.
Gleichdruckturbinen
Gleichdruckturbinen sind so konstruiert, dass der Wasserdruck vor und nach der Turbine gleich bleibt. Sie nutzen die Geschwindigkeitsenergie des Wassers, um die Turbine zu drehen. Die Turbinen sind ideal für hohe Fallhöhen und geringere Wassermengen.
Pelton-Turbine
Die Pelton-Turbine (auch Freistrahlturbine) ist eine typische Gleichdruckturbine. Sie besitzt eine oder mehrere Düsen, aus denen Wasser in einem starken Strahl auf Schaufeln am Rand des Laufrades trifft. Die besondere Form der Schaufeln ermöglicht maximale Energieumwandlung des Wasserstrahls in Drehbewegung und sorgt somit für einen hohen Wirkungsgrad.
Durchströmturbine
Durchströmturbinen ermöglichen, dass das Wasser axial sowohl am Eintritt als auch am Austritt der Turbine durchströmt. Sie sind für ein breites Spektrum von Wassermengen und mittlere Fallhöhen geeignet. Ihre Konstruktion ermöglicht einen durchgängigen Wasserfluss, was sie besonders fischfreundlich macht und den ökologischen Einfluss minimiert.
Überdruckturbinen
Überdruckturbinen nutzen den Druckunterschied vor und nach der Turbine zur Energiegewinnung. Das Wasser gibt seine potenzielle Energie in Form von Druckenergie sowie kinetische Energie beim Durchfließen der Turbine ab. Sie sind vielseitig einsetzbar und können bei einer Vielzahl von Fallhöhen und Wassermengen effizient arbeiten.
Francis-Turbine
Die Francis-Turbine ist eine der am weitesten verbreiteten Turbinenarten für Wasserkraftwerke und arbeitet effizient in einem breiten Spektrum von Fallhöhen und Wassermengen. Ihr charakteristisches Merkmal ist das spiralförmige Gehäuse, das das Wasser radial zum Laufrad leitet und axial abführt, was eine hohe Effizienz bei der Energieumwandlung ermöglicht.
Kaplan-Turbine
Die Kaplan-Turbine ist eine Weiterentwicklung der Francis-Turbine und speziell für Niederdruckanlagen mit großen Wassermengen und geringen Fallhöhen optimiert. Ihre Besonderheit liegt in den verstellbaren Schaufeln, die eine Anpassung an unterschiedliche Wasserdurchflüsse ermöglichen und so den Wirkungsgrad maximieren.
Propellerturbine
Propellerturbinen sind der Kaplan-Turbine sehr ähnlich, allerdings mit feststehenden Laufradschaufeln. Sie sind besonders geeignet für Anwendungen, bei denen der Wasserdurchfluss relativ konstant ist. Ihre einfache Bauweise macht sie kostengünstig in Anschaffung und Wartung.
Diagonalturbine
Diagonalturbinen, auch als Deriaz-Turbinen bekannt, kombinieren Merkmale der axialen und radialen Durchströmung. Das Wasser strömt diagonal zum Rotor, was eine effiziente Energieumwandlung bei einer Vielzahl von Betriebsbedingungen ermöglicht. Diese Turbinenart findet Anwendung in mittleren bis hohen Fallhöhen und kann bei variierenden Wasserdurchflüssen effizient arbeiten.
Fazit
Wasserkraftanlagen überzeugen durch ihren hohen Wirkungsgrad und können somit einen entscheidenden Beitrag zur Energieversorgung beisteuern. Der hohe Wirkungsgrad kann vor allem durch die Entwicklung angepasster Kraftwerksarten erzielt werden. Durch die Individualisierung von Art des Wasserkraftwerks, sowie der eingesetzten Turbine kann für nahezu jeden geeigneten Standort eine passende und effiziente Lösung gefunden werden.