Bürgerbeteiligungen und Nachhaltigkeit: So bekommen Sie beides

Mehrere Hände halten zusammen.

Bürgerbeteiligungen und Nachhaltigkeit: So bekommen Sie beides

Finanzielle Bürgerbeteiligungen liegen voll im Trend: Egal, ob bei der Finanzierung von lokalen Windparks oder in Form von Crowdinvestments, die Investmentform findet bei vielen Anliegern Anklang. Doch was genau ist eigentlich eine Bürgerbeteiligung? Und wie kann man sicherstellen, dass diese auch die eigenen Nachhaltigkeits-Ziele unterstützt?

Bei Bürgerbeteiligungen wird die Kraft der Gemeinschaft sichtbar. (Foto: Clay Bank/Unsplash)
Bei Bürgerbeteiligungen wird die Kraft der Gemeinschaft sichtbar. (Foto: Clay Bank/Unsplash)

Was ist eine Bürgerbeteiligung?

Der Begriff Bürgerbeteiligung bleibt aufgrund seiner Vielseitigkeit oft unklar definiert, da er weder in der etablierten politischen Theorie noch in der sozialen Praxis einheitlich festgelegt ist. Seine Anwendung variiert je nach politischem System eines Landes, was dazu führt, dass Bürgerbeteiligung unterschiedlich interpretiert wird – sei es in Deutschland, Österreich (wo der Begriff üblicherweise für spezifische, zeitlich und inhaltlich begrenzte Verfahren in kleinen Gruppen verwendet wird) oder der Schweiz (wo direkte Bürgerbeteiligung eine grundlegende Säule der direkten Demokratie darstellt). Darüber hinaus fungiert der Begriff Bürgerbeteiligung als politisches Schlagwort und trägt zur Identitätsbildung im politischen Diskurs bei.

In der Politik werden Bürgerbeteiligungen als die aktive Einbindung und Partizipation der Bürgerinnen und Bürger in das politische Gemeinwesen oder die gemeinschaftliche Gestaltung bezeichnet.

Bei der sogenannten finanziellen Bürgerbeteiligung bezieht sich der Begriff auf die Einbindung von Bürgerinnen und Bürgern in Investitionsentscheidungen und -prozesse. Dies kann verschiedene Formen annehmen, wie zum Beispiel die Möglichkeit für Einzelpersonen, sich an Crowdinvesting-Kampagnen für bestimmte Projekte zu beteiligen oder über Plattformen in Fonds zu investieren, die soziale oder ökologische Ziele verfolgen. Bürgerbeteiligung im Investmentbereich ermöglicht es den Bürger:innen, direkt an wirtschaftlichen Aktivitäten teilzunehmen und Einfluss auf die Ausrichtung von Investitionen zu nehmen, die ihren Werten und Interessen entsprechen.

Bürgerwind Hofoldinger Forst: Ein Beispiel für erfolgreiche finanzielle Bürgerbeteiligung

Eine regelrechte Flut an Interesse überraschte alle Beteiligten: Bereits am ersten Tag erreichte das Crowdfunding für den Bürger-Windpark im Hofoldinger Forst sein angestrebtes Ziel von sechs Millionen Euro. Zugangsberechtigt waren ausschließlich Bürgerinnen und Bürger aus den Gemeinden Otterfing, Sauerlach und Aying.

Wie Merkur.de berichtete, war die Geschwindigkeit, mit der das Projekt voranschritt, war bemerkenswert. Martin Sterflinger, Geschäftsführer der Bürgerwind Hofoldinger Forst GmbH & Co. KG, konnte am Montag (29. Januar) kaum glauben, wie rasch die finanzielle Unterstützung eintraf, als er online verfolgte, wie viele Bürger:innen bereit waren, den Bau der drei Windräder entlang der Autobahn durch zehnjährige Darlehen mit einer Spanne von mindestens 500 bis maximal 25.000 Euro zu unterstützen. Es war ein „Wahnsinn“: Sechs Millionen Euro Zielvorgabe innerhalb kürzester Zeit erreicht.

Die Plattform (gls-crowd.de) öffnete um 10 Uhr ihre Pforten, und um 12:24 Uhr wurde bereits die Sechs-Millionen-Marke erreicht. „Das ist einfach unglaublich“, äußerte sich Michael Falkenhahn (SPD), der Bürgermeister von Otterfing und derzeitige Aufsichtsratsvorsitzende. Er fand kaum Worte für das Ausmaß des Vertrauens der Anwohner:innen. Die Gemeinden Otterfing, Aying und Sauerlach, Gesellschafter der GmbH, hatten während drei Informationsveranstaltungen ihre Bürger:innen ermutigt, sich an dem Windpark zu beteiligen. 

Ursprünglich war geplant, den Bürgern eine Vorzeichnungsfrist von drei Wochen zu geben, bevor das Crowdfunding am 18. Februar für die Öffentlichkeit zugänglich gemacht werden sollte. „Ich hätte nicht gedacht, dass unsere Bürger so schnell reagieren würden“, erklärte Falkenhahn, „ich dachte, dass sie vielleicht drei oder vier Millionen Euro einbringen würden, und den Rest würden wir von außen erhalten.“ Bereits das große Interesse an den Informationsveranstaltungen – einschließlich des Online-Streams, an dem 1100 Anwohner:innen teilnahmen – ließ vermuten, dass es schneller gehen könnte. Immerhin versprach die GmbH allen „Darlehensgebern“ eine jährliche Verzinsung von sechs Prozent auf ihre Einlagen.

Tatsächlich brach an besagtem Montag eine wahre Flutwelle herein. Bereits um 11 Uhr, eine Stunde nach der Eröffnung, gingen auf dem Portal der Partnerbank Zusagen in Höhe von über vier Millionen Euro ein, und um 11:45 Uhr wurde die Fünf-Millionen-Marke überschritten. „Es kamen so viele Meldungen rein, dass das System fast zusammengebrochen wäre“, berichtet Falkenhahn. „Wir wurden regelrecht überrannt“, bestätigt Sterflinger. Um genau 12:24 Uhr wurde das Ziel erreicht.“

Man sieht also: Bürgerbeteiligung liegt voll im Trend. Aber wie kann man als Interessierter passende Projekte ausmachen, wenn man sie nicht, wie im oben genannten Fall als Bewohner:innen auf dem Silbertablett präsentiert bekommt?

 

Finanzielle Bürgerbeteiligung: Welche Arten gibt es?

Finanzielle Bürgerbeteiligung bietet verschiedene Wege der Partizipation an Investitionsprojekten. Hier sind einige der gängigen Formen:

Energiegenossenschaften

Durch die Bildung einer Genossenschaft können Bürgerinnen und Bürger gemeinsam einen Solarpark initiieren und betreiben. Mitglieder haben Stimmrecht und partizipieren an den Erlösen des Projekts. Die Planung wird oft in Kooperation mit erfahrenen Projektentwickler:innen durchgeführt.

Allerdings birgt die Teilnahme an Energiegenossenschaften auch Herausforderungen. Die Initiierung und Koordination solcher Genossenschaften erfordert eine gewisse Organisationsstruktur und Zusammenarbeit unter den Mitgliedern. Zudem können längere Entscheidungsprozesse entstehen, da demokratische Mitbestimmung einen zentralen Stellenwert einnimmt. Des Weiteren bestehen Risiken in Bezug auf die Finanzierung und technische Umsetzung, was zu Verzögerungen oder Problemen führen kann.

Bürgerenergietarife

Bürgerenergietarife bieten den Bewohner:innen lokaler Gemeinden eine Reihe von Vorteilen. Dazu gehört der Zugang zu vergünstigtem Strom, der möglicherweise aus erneuerbaren Energiequellen stammt. Diese Tarife können neben der regionalen Energiewende auch das Gemeinschaftsgefühl fördern, indem sie die Zusammenarbeit innerhalb der Gemeinde unterstützen. Darüber hinaus besteht die Möglichkeit, zeitlich begrenzte Kontingente zu reduzierten Preisen zu nutzen, was den finanziellen Nutzen für die Verbraucher:innen erhöhen kann.

Jedoch gibt es auch einige Nachteile im Zusammenhang mit Bürgerenergietarifen. Zum Beispiel kann die Verfügbarkeit und der Umfang der vergünstigten Tarife begrenzt sein, abhängig von den Kapazitäten und Ressourcen externer Energieanbieter. Darüber hinaus können Schwierigkeiten bei der Skalierung auftreten, da die Umsetzung dieser Tarife oft durch lokale Begrenzungen erschwert wird.

Crowdfunding und Crowdinvesting

Beim Crowdfunding oder Crowdinvesting beteiligen sich Investoren mit einer einmaligen Investition an einem spezifischen Projekt. Die Bedingungen sind projektspezifisch und können je nach Plattform variieren. Wichtig ist dabei anzumerken, dass nicht alle Crowdfunding- oder Crowdinvestingplattformen zwangsläufig Bürgerbeteiligungen im Portfolio haben.

Durch eine Vielzahl von Projekten und Plattformen werden unterschiedliche Investitionsmöglichkeiten angeboten, die Investor:innen eine breite Auswahl ermöglichen. Zudem locken erfolgreiche Projekte mit potenziell hohen Renditen.

Allerdings birgt Crowdfunding auch einige Risiken. Im Falle des Misserfolgs eines Projekts besteht das Risiko von Verlusten für die Investoren. Zudem haben Investoren nach der Investition nur eine begrenzte Kontrolle über die Entwicklung des Projekts. Die Rentabilität kann auch durch unterschiedliche Bedingungen und Gebühren je nach Plattform beeinflusst werden, was zu einer Herausforderung bei der Auswahl der geeigneten Investitionsmöglichkeit führen kann.

Direkte Investition in Projektgesellschaften

Die direkte Investition in Projektgesellschaften bietet eine attraktive Möglichkeit für Anleger:innen, sich direkt an spezifischen Projekten zu beteiligen und potenziell höhere Renditen zu erzielen. Diese direkte Beteiligung ermöglicht es Investor:innen, aktiv Einfluss auf die Entwicklung des Projekts zu nehmen und an den Chancen und Risiken einer Unternehmensbeteiligung teilzuhaben.

Allerdings gibt es auch einige Nachteile zu beachten. Diese Form der Investition birgt ein höheres Risiko im Vergleich zu anderen Investmentformen, da die Investierenden direkt in das Unternehmen eingebunden sind. Es erfordert zudem umfassende Kenntnisse über das jeweilige Projekt und die Branche, um fundierte Entscheidungen zu treffen. Des Weiteren sind Liquiditätseinschränkungen zu beachten, da das Kapital langfristig an das Unternehmen gebunden ist, was die Flexibilität bei der Veräußerung der Investition einschränken kann.

Die Wahl der Beteiligungsform hängt oft von der Höhe des Investments, den persönlichen Präferenzen und dem gewünschten Maß an Einflussnahme ab. Es ist dementsprechend wichtig, sich vor einer Beteiligung über die jeweiligen Rahmenbedingungen, Risiken und potenziellen Renditen zu informieren.

Beispiel Crowdinvesting: Grüne Investments und erneuerbare Energien

Die Optionen für Interessierte im Bereich Crowdinvesting, insbesondere für nachhaltige Investments, ist groß.  Wichtig ist dabei jedoch zu wissen, dass nicht alle Crowdinvesting-Anbietende Bürgerbeteiligungen anbieten. Hier stellen wir ein Beispiel für einen renommierten Anbietende mit Bürgerbeteiligungen im Portfolio vor:

Grüne Sachwerte

Seit 2012 unterstützt Grüne Sachwerte seine Klientel bei der Vermittlung ökologischer Geldanlagen im Bereich Erneuerbare Energien. Dabei werden Investitionsmöglichkeiten bevorzugt, die einen direkten Bezug zu Sachwerten haben und von Börsenschwankungen unabhängig sind. 

Das Produktportfolio umfasst eine Vielzahl von Anlagemöglichkeiten, darunter geschlossene Beteiligungen an ökologischen Sachwerten wie Wind- oder Solaranlagen sowie Anlagen mit festverzinslichen Anleihen. Darunter finden sich auch Bürgerbeteiligungen wie von OEKOGENO.

Die Kreislaufwirtschaft ist ein wichtiger Schritt in Richtung mehr Nachhaltigkeit. (Foto: Annette/Pixabay)
Nachhaltige Bürgerbeteiligungen können ökologisch und sozial sinnvoll sein. (Foto: Pixabay)

Nachhaltige Bürgerbeteiligung: Unser Fazit

Die Verbindung von Bürgerbeteiligung und Nachhaltigkeit eröffnet eine Vielzahl von Möglichkeiten, um sowohl die Demokratie zu stärken als auch positive Veränderungen für die Umwelt voranzutreiben. Das Konzept der Bürgerbeteiligung variiert je nach politischem System und wird oft im Kontext politischer Theorien und sozialer Praktiken diskutiert. In der Finanzwelt hat sich der Begriff „finanzielle Bürgerbeteiligung“ etabliert, der auf die Einbindung von Bürger:innen in Investitionsentscheidungen und -prozesse abzielt. Dies kann durch verschiedene Formen wie Crowdfunding, Energiegenossenschaften und Bürgerenergietarife erreicht werden.

Ein herausragendes Beispiel für erfolgreiche finanzielle Bürgerbeteiligung ist der Bürgerwindpark im Hofoldinger Forst, bei dem Bürgerinnen und Bürger durch Crowdfunding einen erheblichen Beitrag zum Bau von Windrädern geleistet haben. Diese Initiative verdeutlicht das enorme Potenzial finanzieller Bürgerbeteiligung, um nachhaltige Projekte zu realisieren und das Vertrauen der Bürger in solche Vorhaben zu stärken.

Es ist wichtig, die Vielfalt der Möglichkeiten für finanzielle Bürgerbeteiligung zu erkennen und die individuellen Vorlieben und Ziele bei der Auswahl von Investitionen zu berücksichtigen. Plattformen wie Grüne Sachwerte bieten attraktive Investmentmöglichkeiten im Bereich erneuerbare Energie und Nachhaltigkeit, die sowohl finanzielle Rendite als auch positive gesellschaftliche und ökologische Auswirkungen versprechen.

Häufig gestellte Fragen​

Finanzielle Bürgerbeteiligung bietet verschiedene Wege der Partizipation an Investitionsprojekten. Dazu gehören Energiegenossenschaften, Bürgerenergietarife, Crowdfunding und Crowdinvesting sowie die direkte Investition in Projektgesellschaften.

Energiegenossenschaften ermöglichen es Bürgern, gemeinsam einen Solarpark zu initiieren und zu betreiben. Mitglieder haben Stimmrecht und partizipieren an den Erlösen des Projekts. Die Planung erfolgt oft in Kooperation mit erfahrenen Projektentwicklern.

Bürgerenergietarife bieten den Bewohnern lokaler Gemeinden vergünstigten Strom, möglicherweise aus erneuerbaren Energiequellen. Diese Tarife fördern die regionale Energiewende und stärken das Gemeinschaftsgefühl, können aber auch aufgrund begrenzter Verfügbarkeit und Skalierungsproblemen Herausforderungen mit sich bringen.

Beim Crowdfunding oder Crowdinvesting investieren Anleger mit einer einmaligen Investition in spezifische Projekte. Diese können verschiedene Rendite- und Risikoprofile haben. Die Plattformen bieten eine Vielzahl von Projekten und Investitionsmöglichkeiten an, die es den Anlegern ermöglichen, ihre bevorzugten Projekte auszuwählen.

Plattformen wie Exporo, Invesdor, GreenVesting und Grüne Sachwerte bieten attraktive Investmentmöglichkeiten im Bereich erneuerbare Energien und grüne Sachwerte. Diese Plattformen ermöglichen es Anlegern, sich an nachhaltigen Projekten zu beteiligen und sowohl finanzielle Rendite als auch positive gesellschaftliche und ökologische Auswirkungen zu erzielen.

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