Kann Deutschland die Klimaziele erreichen?

Umweltaktivistin mit einem Schild bei einem Klimaprotest.

Kann Deutschland die Klimaziele erreichen?

Wir stehen vor großen Herausforderungen im Kampf gegen den Klimawandel. Durch die Überarbeitung des Klimaschutzgesetzes und die Einführung strengerer Maßnahmen zur Reduktion von Treibhausgasemissionen will Deutschland eine Vorreiterrolle in der globalen Klimapolitik einnehmen. Dieser Artikel gibt einen Überblick darüber, welche Klimaziele Deutschland anstrebt und ob sie wirklich umsetzbar sind.

Umweltaktivistin mit einem Schild bei einem Klimaprotest.
Die Klimakrise geht uns alle an. Aber wie will Deutschland seine Klimaziele erreichen? (Markus Spiske/Pexels)

Klimaziele Deutschland: Was ist geplant?

Deutschland hat seine Klimaschutz-Bemühungen intensiviert, indem es das Klimaschutzgesetz überarbeitet und strengere Maßnahmen zur Reduzierung der Treibhausgase festgelegt hat. Dabei spielen erneuerbare Energien, aber auch die Verkehrswende eine entscheidende Rolle.

Klimaneutral bis 2045

Das übergeordnete Ziel ist es, bis zum Jahr 2045 eine Netto-Null-Treibhausgasemission zu erreichen. Um dieses ambitionierte Ziel zu verwirklichen, hat die Bundesregierung beschlossen, die Emissionen bis 2030 um 65 Prozent im Vergleich zu den Werten von 1990 zu reduzieren. Diese neue Zielsetzung bedeutet eine Anhebung der Reduktionsziele um 10 Prozentpunkte gegenüber früheren Vorgaben.

Emissionsreduktion bis 2030

Im Rahmen des novellierten Klimaschutzgesetzes sind die Anforderungen an die Reduktion von CO2-Emissionen in verschiedenen Bereichen wie der Energiewirtschaft, Industrie, dem Verkehrssektor, dem Gebäudebereich und der Landwirtschaft erhöht worden. Die Fortschritte in Richtung dieser Ziele werden regelmäßig überwacht. Ein Expertenrat für Klimafragen legt ab 2022 alle zwei Jahre einen Bericht vor, der die Fortschritte, Maßnahmen und Entwicklungen bewertet. Sollten die festgelegten Grenzen überschritten werden, plant die Bundesregierung sofortige Anpassungen.

Klimaziele Deutschland: Jährliche Minderung

Für das Jahr 2040 ist das Ziel festgelegt, die Emissionen um mindestens 88 Prozent zu verringern, und bis 2045 soll Deutschland eine Treibhausgasneutralität erreichen. Dies bedeutet, dass die Menge der emittierten Treibhausgase durch natürliche oder technische Maßnahmen vollständig ausgeglichen werden soll. Darüber hinaus zielt die Bundesregierung darauf ab, nach 2050 negative Emissionen zu erreichen, indem mehr Treibhausgase gebunden werden, als ausgestoßen werden.

Stärkung natürlicher Senken

Ein Urteil des Bundesverfassungsgerichts unterstreicht die Notwendigkeit staatlicher Maßnahmen, um zukünftige unverhältnismäßige Einschränkungen der Freiheitsrechte jüngerer Generationen zu verhindern. Die Rolle natürlicher Kohlenstoffspeicher, wie Wälder und Moore, wird im Klimaschutzgesetz besonders hervorgehoben, da sie entscheidend sind, um die unvermeidbaren Restemissionen zu kompensieren.

Klimaziele EU: Europäische Klimaschutzkoordination

Auf europäischer Ebene wird ein koordinierter Ansatz verfolgt, um den Klimaschutz zu verstärken. Die Energie- und Umweltminister:innen der EU-Mitgliedsstaaten haben sich auf eines der ambitioniertesten Klimaschutzpakete in der Geschichte der Europäischen Union geeinigt. Dieses Paket, bekannt als das „Fit-for-55“-Paket der EU-Kommission, soll die Treibhausgasemissionen der EU bis 2030 um 55 Prozent reduzieren und damit die Ziele des Pariser Klimaabkommens erfüllen.

Wichtige Daten zum Erreichen der deutschen Klimaziele

  • Beschluss des Kabinetts zum Klimaschutzgesetz am 12. Mai 2021: Erhöhung der Sektor-spezifischen jährlichen Reduktionsziele für den Zeitraum 2023 bis 2030 und gesetzliche Verankerung der Sektor-spezifischen Reduktionsziele für die Jahre 2031 bis 2040.
  • 2024: Definition der Sektor-spezifischen jährlichen Reduktionsziele für den Zeitraum 2031 bis 2040.
  • Bis spätestens 2032: Bestimmung der jährlichen Reduktionsziele für den Zeitraum 2041 bis 2045.
  • 2034: Festsetzung der Sektor-spezifischen jährlichen Reduktionsziele für die Endphase der Treibhausgasneutralität von 2041 bis 2045.

Was muss Deutschland tun, um seine Klimaziele zu erreichen?

Um die ambitionierten Klimaziele bis 2030 zu erreichen, sind signifikante Veränderungen im Schienenverkehr, eine Überarbeitung der Kraftfahrzeugsteuer und eine Verringerung von Heizsystemen, die auf fossilen Brennstoffen basieren, erforderlich. Zusätzlich ist es notwendig, alle Treibhausgasemissionen finanziell zu belasten und die Kosten verursachergerecht zu verteilen. 

Das Umweltbundesamt (UBA) hat im Rahmen des Klimaschutzinstrumente-Szenarios 2030 (KIS-2030) die Möglichkeiten zur Einsparung zusätzlicher Emissionen in den Bereichen Gebäude, Mobilität, Energie und Industrie analysiert. „Aus den Modellierungen geht hervor, dass in mehreren Bereichen dringender Handlungsbedarf besteht“, erklärt UBA-Präsident Dirk Messner. 

„Es ist nun von größter Wichtigkeit, einen konstruktiven Austausch darüber zu führen, wie und wo Emissionen gesenkt werden können. Andernfalls werden wir die gesetzlich festgelegten Reduktionsziele nicht erreichen. Es muss auch offen darüber diskutiert werden, wie wir die finanziellen Belastungen sozial gerecht verteilen, insbesondere um einkommensschwache Haushalte nicht überproportional zu belasten, was die Akzeptanz für Klimaschutzmaßnahmen untergraben könnte.“

Aktuelle Maßnahmen reichen nicht aus

Der jüngste Bericht des UBA aus 2021 zeigt jedoch, dass mit den aktuell geplanten Maßnahmen sowohl die Ziele für 2030 als auch die jährlichen Einsparziele verfehlt werden. Die sektorübergreifende Analyse KIS-2030 des UBA legt dar, wie durch den Einsatz spezifischer Instrumente, einschließlich Preisregelungen, Förderprogrammen sowie neuen und strengeren gesetzlichen Vorschriften, die notwendigen Emissionsreduktionen doch noch erreicht werden können.

Klimaneutral Leben: Anpassungen im Verkehrs- und Baubereich

Insbesondere im Verkehrs- und Gebäudesektor sind weitreichende Maßnahmen erforderlich, um die Treibhausgasemissionen in den nächsten Jahren zu senken. Die im Szenario betrachteten Klimaschutzmaßnahmen erfüllen bisher nur die Grundanforderungen. Selbst mit einem ambitionierten Mix aus Instrumenten und Maßnahmen werden die festgelegten Ziele in diesen Bereichen voraussichtlich nicht erreicht. Für die Erfüllung der Zwischenziele bis 2030 sind daher zusätzliche, schnell wirkende Maßnahmen notwendig.

Das KIS-2030 identifiziert spezifische Handlungsoptionen, mit denen die sektoralen Klimaziele dennoch erfüllt werden können: Für den Verkehrssektor wird neben ökonomischen Instrumenten ein umfangreicher Ausbau des Schienenverkehrs und eine Förderung des Umweltverbundes, insbesondere durch Busse und Bahnen, vorgeschlagen.

Klimaneutral Heizen: Ein zentraler Aspekt zur Erreichung der Ziele

Die im KIS-2030 vorgeschlagenen Maßnahmen spiegeln ähnliche Instrumente wider, die derzeit politisch diskutiert werden, wie z.B. eine verpflichtende kommunale Wärmeplanung oder die auf EU-Ebene diskutierten Mindesteffizienzstandards für Gebäude. Auch das Erneuerbare-Energien-Gesetz trägt seinen Teil zur Bekämpfung des Klimawandels bei. Darüber hinaus geht das Szenario von einem Verbot neuer Heizkessel, die ausschließlich mit Öl (ab 2023) oder Gas (ab 2025) betrieben werden, aus.

Für den Industriesektor empfiehlt das Szenario, die Förderung für CO2-arme und -freie Technologien zu erhöhen. Förderprogramme sollten so gestaltet sein, dass sie nicht durch ungünstige Rahmenbedingungen oder Anreize zu unerwünschten Umwelteffekten führen. 

Welche Klimaziele haben andere Länder?

Japan: Streben nach Klimaneutralität bis 2050

Japan, als fünftgrößter Emittent von Treibhausgasen, verfolgt ähnlich wie die EU und die USA das Ziel der Klimaneutralität bis 2050. Japan plant, erneuerbare Energien stark auszubauen und sieht in der Atomenergie und Wasserstoff wichtige Säulen seiner Klimastrategie. 

Trotz der Abhängigkeit von fossilen Brennstoffen ist eine vollständige Abkehr davon nicht geplant. Stattdessen fokussiert sich Japan auf Technologien zur Kohlenstoffspeicherung und -nutzung, deren Marktreife jedoch noch ungewiss ist.

USA: Neue Klimaambitionen unter Präsident Biden

Mit Joe Biden an der Spitze haben die Vereinigten Staaten das Pariser Klimaabkommen erneut bekräftigt, nachdem sie unter der Führung von Donald Trump ausgetreten waren. Biden hat für die USA das Ziel gesetzt, bis 2050 Klimaneutralität zu erreichen, und plant eine Reduktion der Treibhausgasemissionen um 50% bis 2030 im Vergleich zu den Werten von 2005. Diese Absicht verdoppelt das ursprüngliche, unter Obama gesetzte Zwischenziel.

Die US-Regierung strebt an, den Energiesektor bis 2035 vollständig zu dekarbonisieren, mit einem Fokus auf erneuerbare Energiequellen wie Wasserkraft, Solarenergie und Geothermie. Zusätzlich sind der Einsatz von Wasserstoff und der Ausbau der Kernenergie vorgesehen.

Biden hat zudem Pläne für den massiven Ausbau der Elektromobilität vorgelegt, darunter der Bau von einer halben Million Ladestationen für Elektroautos und Investitionen von zwei Billionen Dollar in nachhaltige Infrastruktur. Ab 2030 soll jedes zweite neu verkaufte Auto elektrisch sein. Die USA planen, in ihrer Klimastrategie eng mit Kanada zusammenzuarbeiten, das ebenfalls das Ziel verfolgt, bis 2050 klimaneutral zu sein.

China: Ziel der Kohlenstoffneutralität bis 2060

Als weltweit größter Emittent von Treibhausgasen hat China das Ziel ausgegeben, bis 2060 kohlenstoffneutral zu sein. Dabei bleiben allerdings weitere klimaschädliche Gase wie Methan unberücksichtigt.

Trotz des Plans wird erwartet, dass Chinas Emissionen zunächst weiter ansteigen werden, vor allem aufgrund des steigenden Kohleverbrauchs. Die chinesische Regierung hat angekündigt, vor 2030 den Höhepunkt ihrer Emissionen zu erreichen und diese dann schrittweise reduzieren zu wollen.

Zur Erreichung der Klimaneutralität setzt China auf erneuerbare Energien wie Wind- und Solarkraft sowie Kernenergie und sieht auch Erdgas als Übergangslösung. Eine besondere Herausforderung stellt der hohe Anteil von Kohlestrom im Energiemix dar, der aktuell 60% beträgt und dessen vollständiger Ausstieg erst für 2050 geplant ist.

Russland: Klimaneutralität bis 2060

Russland, der viertgrößte Emittent von Treibhausgasen weltweit, hat klimapolitische Maßnahmen lange Zeit als unnötig betrachtet. Angesichts wachsender Umweltprobleme hat sich jedoch auch Russland das Ziel gesetzt, bis 2060 CO2-neutral zu sein, obwohl ein konkreter Plan dafür fehlt. Ein kürzlich verabschiedetes Gesetz zur Begrenzung von Treibhausgasemissionen enthält keine spezifischen Reduktionsziele für bestimmte Sektoren.

Klimakrise-Fakten: Deshalb müssen wir jetzt handeln

  1. Vielfältige Ursachen der globalen Erwärmung: Die Klimakrise wird durch verschiedene Faktoren wie Sonneneinstrahlung, vulkanische Aktivitäten und insbesondere menschliches Handeln beeinflusst. Wissenschaftler:innen weltweit sind sich einig, dass unser Planet sich in einer beispiellosen Geschwindigkeit erwärmt, was durch zahlreiche unabhängige Beobachtungen wie den Rückgang des arktischen Meereises, steigende Meeresspiegel und Verschiebungen in der Vegetation belegt wird.
  2. Historische Wärme und beschleunigte Erwärmung: Forschungen belegen, dass das 20. Jahrhundert das wärmste Millennium der letzten tausend Jahre war, mit einer besonders intensiven Erwärmungsphase seit den 1920er Jahren.
  3. Steigende Durchschnittstemperaturen und extreme Wetterereignisse: Seit der industriellen Revolution ist die globale Durchschnittstemperatur um etwa 1,2 Grad Celsius angestiegen, in Deutschland sogar um 1,7 Grad. Diese Erwärmung hat eine deutliche Zunahme extremer Wetterereignisse zur Folge, darunter Hitze, Dürre, Starkregen und Überschwemmungen.
  4. Menschlicher Einfluss auf das Klima: Der eindeutige menschliche Beitrag zur Klimakrise wird durch den Weltklimarat (IPCC) bestätigt. Die Emission von Treibhausgasen, vor allem CO2, durch Verbrennung fossiler Brennstoffe und Waldrodungen, spielt eine zentrale Rolle bei der Beschleunigung des Klimawandels.
  5. Die Rolle natürlicher Treibhausgase und deren Veränderung: Natürliche Treibhausgase sorgen normalerweise für ein lebensfreundliches Klima auf der Erde. Doch der seit der Industrialisierung erhöhte Ausstoß dieser Gase hat zu einer Überhitzung der Atmosphäre und damit zur Beschleunigung des Klimawandels geführt.
  6. Folgen der Erderwärmung: Die globale Erwärmung hat weitreichende negative Folgen, darunter Artensterben, Waldbrände, Wüstenbildung und den Anstieg des Meeresspiegels. Diese Veränderungen bedrohen die Lebensgrundlagen und die Ernährungssicherheit von Milliarden Menschen weltweit.
  7. Kritische Schwellen und die Notwendigkeit des Handelns: Ein unkontrollierter Klimawandel könnte zu abrupten und irreversiblen Veränderungen im Klimasystem führen. Der Schutz der Klimasysteme und die Anpassung an die bereits eingetretenen Veränderungen sind daher von entscheidender Bedeutung, um langfristige Schäden und eine Zunahme sozialer Ungerechtigkeit zu verhindern.

Klimaziele Deutschland: Ein Fazit

Deutschland verfolgt ambitionierte Klimaschutzziele mit dem Endziel, bis 2045 Klimaneutralität zu erreichen. Dies erfordert umfassende Maßnahmen in allen Bereichen der Gesellschaft, insbesondere eine verstärkte Nutzung erneuerbarer Energien und eine umfassende Verkehrswende.

Die Bemühungen zeigen einmal mehr die globale Notwendigkeit, den Klimawandel gemeinsam zu bekämpfen, wie auch die internationalen Bestrebungen, beispielsweise durch die EU und die USA, zeigen. Zusätzliche Anstrengungen sind erforderlich, um die gesetzten Ziele zu erreichen, da aktuelle Maßnahmen nicht ausreichen. Deutschland steht somit vor der Herausforderung, national sowie als Teil der internationalen Gemeinschaft wirksam gegen den Klimawandel vorzugehen.

Häufig gestellte Fragen​

Deutschland strebt an, bis zum Jahr 2045 Klimaneutralität zu erreichen. Dies bedeutet, dass Netto-Null-Treibhausgasemissionen realisiert werden sollen, indem die Emissionen bis 2030 um 65% im Vergleich zu den Werten von 1990 reduziert werden.

Die Reduktion der CO2-Emissionen betrifft vorrangig Sektoren wie die Energiewirtschaft, Industrie, Verkehr, Gebäude und Landwirtschaft. Für diese Bereiche wurden spezifische Reduktionsziele im novellierten Klimaschutzgesetz festgelegt.

Ein Expertenrat für Klimafragen legt ab 2022 alle zwei Jahre einen Bericht vor, in dem die Fortschritte, Maßnahmen und Entwicklungen hinsichtlich der Klimaziele bewertet werden. Bei Überschreitung der festgelegten Grenzen sind sofortige Anpassungen durch die Bundesregierung geplant.

Natürliche Kohlenstoffspeicher wie Wälder und Moore werden im Klimaschutzgesetz hervorgehoben, da sie entscheidend sind, um unvermeidbare Restemissionen zu kompensieren. Sie tragen zur Stärkung der Biodiversität und zur Absorption von CO2 bei.

Deutschland verfolgt einen koordinierten Ansatz auf europäischer Ebene und beteiligt sich am „Fit-for-55“-Paket der EU-Kommission. Dieses Paket zielt darauf ab, die Treibhausgasemissionen der EU bis 2030 um 55 Prozent zu reduzieren, um die Ziele des Pariser Klimaabkommens zu erfüllen.

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